Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dreizehnter Band. (13)

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daß schon jeder slovenische Schuster die ungarische Verfassung 
in den Staub zu ziehen wage. Mit Unrecht haben die Delegier- 
ten Graf Stefan Tisza und Albert Apponyi, ersterer in der unga- 
rischen Delegationssitzung vom 1. Mai, letzterer in jener vom 
2. Mai 1912, in den Vorgängen im Schoße der österreichischen 
Delegation ein Symptom der Abschwächung des in dem 
Staatsakt der pragmatischen Sanktion zum Ausdruck gelangten 
Gemeinschaftsgedankens erblickt. Es handelt sich vielmehr um 
die Wiederherstellung jener ernst gewollten, naturgemäß ana- 
tionalen, weil universalen Gemeinschaft, zu welcher sich die 
Stände der ungarischen und nichtungarischen Länder in der Epoche 
von 1720—1723 in feierlicher Form bekannt haben und um die 
Aeußerung ernster Besorgnisse, ob nicht die Zwecke der prag- 
matischen Sanktion durch die Verwirklichung der in den dreißiger 
Jahren des verflossenen Jahrhunderts zwar nicht entstandenen, 
aber zur deutlichen Entfaltung gelangten Doktrin der Souveränität 
der ungarischen im Sinne der magyarischen National- 
souveränität gefährdet würden? Mag es immerhin sehr 
schwierig sein, eine befriedigende theoretische Formel für die Vor- 
aussetzungen der Legitimation der Legislative des einen Staates zur 
Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines als legislative Repräsenta- 
tion des anderen Staates auftretenden Kollegiums im Hinblick auf den 
Zweck der Kooperation für die Erledigung der gemeinsamen und 
nach vereinbarten Grundsätzen zu behandelnden Angelegenheiten 
aufzustellen und diese Legitimation vernünftig zu begrenzen *"*, 
12 Anläßlich der Zweifelhaftigkeit des Beschlusses des ungarischen Ab- 
geordnetenhauses betreffend die Annahme des Wehrgesetzes ist auch in 
Ungarn die Frage lebhaft erörtert worden, ob und innerhalb welcher Grenzen 
das Magnatenhaus zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit eines Beschlusses des 
Abgeordnetenhauses legitimiert sei. Das österr. Herrenhaus hat einmal gegen- 
über dem Abgeordnetenhause die Einhaltung des Erfordernisses der qualifi- 
zierten Majorität moniert. NEISSER, Die Geschäftsordnung des Abgeordneten- 
hauses des Reichsrates II. 1909 8. 397. Nichts hindert, wie REDLICH be- 
merkt, ein Haus, eine Vorlage wegen gesetzwidriger Form seiner Annahme 
ım anderen Hause zu verwerfen. 
  
 
	        
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