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jenen der Untertanen (den Rechtsgeschäften) in formeller Be-
ziehung prinzipiell charakterisieren, so kann eine solche Dif-
ferenzierung zwischen Staat und Untertan, Staatsakt und
Rechtsgeschäft, präziser: zwischen öffentlichem und privatem
Rechtsgeschäft und damit schließlich zwischen öffentlichem
und privatem Rechte überhaupt, nur aus der Rechtsordnung
selbst begründet werden.
Eine solche durch die Rechtsordnung selbst geschaffene
Differenzierung kann auf einen Unterschied zwischen der
formalen Struktur der Rechtspflichten des Staates und
jener der Untertanen hinauslaufen; dann kann sie aber
keinerlei Ueber- und Unterordnung zwischen Staat und Unter-
tan bedeuten. Die Möglichkeit dieser Differenzierung habe
ich an anderer Stelle angedeutet 6. Jede andere kann nur
materieller Natur sein. Die Pflichten und Rechte des Staates
unterscheiden sich durch einen besonderen Inhalt von denen
der Untertanen: Befehl und Zwang; das Unzulängliche dieses
Kriteriums wurde bereits früher dargetan. Allein es ist noch
ein anderes materielles Kriterium möglich. Die Rechtsordnung
kann Rechtswirkungen an Tatbestände knüpfen, die sich als
Willensäußerung einer einzigen Person darstellen; sie kann
aber die Rechtswirkung auch von der Tatsache abhängig
machen, daß eine Uebereinstimmung zwischen den Willens-
erklärungen zweier oder mehrerer Personen zustande gekommen
ist. Soferne nun der übereinstimmend erklärte Wille der Par-
teien auf die Rechtswirkungen gerichtet ist, welche die Rechts-
ordnung an den so charakterisierten Tatbestand knüpft, wird
dieser ein Vertrag genannt.
Der hier für das gesamte Rechtsgebiet entwickelte Ge-
gensatz, demzufolge alle Tatbestände, an welche die
Rechtsordnung Rechtswirkungen knüpft, eingeteilt werden
* Vgl. meine Hauptprobleme 8. 268 ff.
Archiv des öffentlichen Rechts. XXXI. 2/3. 15