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zur Mitwirkung in gemeinsamen Angelegenheiten berufen sind.
Das ist aber nichts anderes als monarchischer Bundesstaat mit
subsidiärem Absolutismus. Zur Erklärung dieses an-
scheinenden Widerspruchs ist die ständische Apologetik des Land-
tags von 1722 heranzuziehen, in der die Stände dankbar des
Schutzes des königlichen Adlers gedenken, dann die For-
mel des $ 5 des G. A. XII vom ungarischen König als
absolutem Fürsten der übrigen unter seiner Herrschaft stehen-
den Länder, endlieh die Replik, die ein ungarischer Rechtslehrer
dem Bedenken entgegensetzt, es werde im Falle der wirtschaft-
lichen Trennung beider Staaten der Einsatz der physischen Macht
der Reichsratsländer für ungarische, ihren eigenen zuwiderlaufen-
den Handelsinteressen nicht zu gewärtigen sein: „Soll es“, so
führte er aus, „zu diesem äußersten völkerrechtlichen Zwang kom-
men müssen, so ist ja dr König von Ungarn als
oberster Kriegsherr der gesamten öÖsterreich-ungari-
schen Heeresmacht ebenso berechtigt, dem vertragsbrüchigen
Staat den Krieg zu erklären, als wenn es sich bei dem Vertrags-
bruch um eine gemeinsame Angelegenheit handeln würde* ®%. All
das läuft auf die staatseinheitliche monarchische
Funktion hinaus, welche der Gesamtstaats-
oder Reichsidee zugrunde liegt, mit dem Unterschied,
daß sie ins ungarische übersetzt wird. In diesem Sinne for-
dern dieselben magyarischen Parteien, welche den Reichsratslän-
dern vorhalten, daß sie nur der Nation ein Verfassungsleben zu
danken haben, es möge der König diese Länder, wenn ihre Le-
gislative nicht daftr zu haben sei, den stets gerechten Forderungen
der Nation durch die Notverordnung unterwerfen und in
diesem Sinne drohte der Delegierte Hollo in der Herbstsitzung
des Jahres 1910: „Ich möchte sehen, wer es wagen würde, sich
dagegen zu erheben, wenn der König und der Reichstag über
die national-militärischen Konzessionen einig wären.“ Und doch
800 'TEZNER, Der Österreichische Kaisertitel S. 287.