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es sich um ein Rechtsverhältnis (im Sinne der herrschenden
Lehre), nämlich um ein Verhältnis zwischen zwei Rechts-
subjekten handelt, daß der Staat gar nicht als der Rechts-
ordnung unterworfene Person, sondern als Rechtsautorität, als
Rechtsordnung selbst angesehen wird. Die Willenserklärung
des Staates soll hier Rechtsnorm und nicht Erfüllung einer
Rechtspflicht, Handlung eines Rechtssubjektes sein, soll ebenso
verpflichtend wirken wie z. B. der Rechtssatz, der den Willen
des Staates, zu exequieren, ausspricht, ihn aber von der
Willensäußerung des Interessenten — der actio — abhängig
macht. Ebensowenig wie hier ein Vertrag zwischen dem Staat
(in der Rechtsordnung) und dem Kläger vorliegt, obgleich beide
Willenserklärungen zusammentreffen müssen, weil eben nur ein
Subjekt unter der Rechtsordnung steht, so soll auch die Willens-
erklärung des Staates in der Exekutive zusammen mit der zu-
stimmenden Erklärung der Partei keinen Vertrag darstellen.
Vollkommen unzweideutig tritt diese Grundanschauung in
der bekannten Abhandlung hervor, die Otto Mayer zur Lehre
vom öffentlichen Vertrage publiziert hat ”®. Otto Mayer geht
dort vom römischen Rechte aus, weil der Staat der römischen
Republik dem unsrigen verwandter sei als der Feudal- und
Patrimonialstaat. In den zensorischen Verträgen soll die
Analogie zu den sogenannten publizistischen Verträgen des
modernen Verwaltungsrechtes zu finden sein. Und diese werden
folgendermaßen charakterisiert: Die magistratische Willens-
erklärung schaffe allein das Rechtsverhältnis, ‚‚ist also mehr
als eine bloße Vertragseinwilligung, sie ist ein einseitiger
rechtsbegründender Akt, dem Gesetze ver-
gleichbar‘“”. Aber schon Karlowa, auf den sich Otto
Mayer hier beruft, glaubt eine Quelle für die verbindliche
"8 Arch. d. öffentl. Recht, III. Band, 1888, S. 1 ff.
»A.2.0.8.9.