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ist hier zunächst gleichgültig. Worauf es ankommt ist: daß
der magistratische Akt nicht, gleich dem Gesetze, seine verbind-
liche Kraft aus sich selbst hat, daß also keine ‚eigene publi-
zistische Kraft‘“ der magistratischen Akte vorliegt, sondern daß
auch dieser Staatsakt, wie jeder Rechtstatbestand und insbe-
sondere auch das Privatrechtsgeschäft, seine rechtliche Wir-
kung aus der Rechtsordnung holt. Und diese Auffassung
findet eigentlich durch die Darstellung Otto Mayers selbst ihre
Bestätigung. Wenn Otto Mayer von einer „Begrenztheit‘
der Amtsgewalt oder davon spricht, daß der Zensor zu seiner
Tätigkeit ‚ermächtigt‘‘ ist, so muß man fragen, welcher Art
denn die Normen sind, die die Amtsgewalt des Zensors begren-
zen, den Zensor ermächtigen, seine Amtspflicht statuieren ?
Wenn es nicht Rechtsnormen sind — Rechtsnormen, die von
den einzelnen magistratischen Akten des Zensors formal zu
scheiden sind, dann sind es überhaupt nicht Rechtsverhältnisse,
von denen die Rede sein kann.
Nur sofern Otto Mayer jede Scheidung zwischen dem Willen
des Staates in der Rechtsordnung und dem der Rechtsordnung
unterworfenen Willen des Staates, der Exekutive, der Rechts-
persönlichkeit des Staates ignoriert, kann er auch bezüglich des
modernen Rechtsstaates für richtig halten, was ihm als das Cha-
rakteristische der römischen Staatsidee erscheint: In jedem
Organ, welches gemäß der verfassungsmäßigen und sonstigen
Zuständigkeitsordnungen Geschäfte des Staates besorgt, er-
scheint die für das Gesetz wesentliche bindende Kraft der staat-
lichen Willensäußerung. Der Wille des Staates in Justiz und
Verwaltung ist Exekutive und Rechtsordnung zugleich. Das
Wesen des staatlichen Willens ist in allen Fällen, nicht nur
wenn er in Form der Rechtsordnung erscheint, ‚der des ein-
Seitigen Bestimmens des Rechtsverhältnisses, des Rechtmachens _
Archiv des öffentlichen Rechts. XXXI. 5/3. 16