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für den Einzelnen, welcher dem Staate gegenübersteht‘“ #2,
Auch hier muß man wieder fragen, ob die ‚„verfassungsmäßigen
und sonstigen Zuständigkeitsordnungen“ nicht Rechtsnormen
sind, und ob die innerhalb ihrer Grenzen ausgeübte Staatsge-
walt nicht Ausübung einer gesetzlichen Vollmacht, Erfüllung
von staatlicher Rechtspflicht, Geltendmachung staatlicher
Berechtigung ist; ob der Staat in Justiz und Verwaltung nicht
einer Rechtsordnung unterworfen gedacht werden muß, wenn
er als Rechtsstaat gelten sol? Und ob die Rechtsstaatsidee
gerade durch die Unterwerfung des Staates unter die Rechts-
ordnung nicht alle verpflichtende Kraft der Rechtsordnung,
d. h. dem in der spezifisch konstitutionellen Form der Rechts-
ordnung erscheinenden Staatswillen vorbehält, so daß Akte
der staatlichen Exekutive, der juristischen Person des Staates
ihre verbindliche Kraft nur dieser Rechtsordnung entlehnen
können? Auf die Rechtsstaatsidee freilich scheint Otto Mayer
hier keinen sonderlichen Wert zu legen, wenn er das Wesen un-
seres modernen Staates darin erblickt: ‚Die römische Staatsidee
ist wiedergefunden für das Verhältnis zwischen Staat und Un-
tertan“‘ ®. Denn ob der römische Staat ein Rechtsstaat "war,
das muß auch dann noch fraglich sein, wenn der Nachweis ge-
lingt, daß die magistratischen Akte, soweit sie den Inhalt der
sogenannten zensorischen Verträge setzten, d.h. auf ein Kau-
fen, Verkaufen, Mieten, Verpachten usw. hinausliefen, mit an-
deren Worten auf dem Gebiete des Privatrechtes sich beweg-
ten, einer Rechtsordnung unterstanden.
Nach Otto Mayer sind wahre Verträge des Staates auf dem
Gebiete des öffentlichen Rechtes überhaupt nicht denkbar *.
Und zwar eben wegen der von ihm angenommenen ‚allgemeinen
einseitig bindenden Kraft des Staatswillens‘‘. Aber selbst wenn
ss A. a. O. 8. 33. ss A, a. O. 8. 33.
4 A. a. O. 8. 42.