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Rechtsnorm sein, weil ihm die Rechtssouveränität fehlt. Durch
diese Vorstellung der allgemeinen Rechtsgebundenheit der
Staatsperson unterscheiden sich die rechtsgeschäftlichen Staats-
akte durchwegs von den Rechtsgeschäften der Privaten, für die
Vertrags-, resp. Geschäftsfreiheit besteht. Und dadurch ist die
Kluft zwischen Rechtsordnung und Staatsakt noch viel tiefer
als jene zwischen Rechtsordnung und Rechtsgeschäft der Unter-
tanen; der Staatsakt ermangelt noch viel deutlicher der rechts-
verbindlichen, ‚rechtsmachenden‘““ Qualität der Rechtsordnung,
als die Rechtsgeschäfte der Untertanen, deren Freiheit in der
Wahl der von der Rechtsordnung mit Rechtswirkungen ver-
knüpften Tatbestände ihnen noch eher den Schein einer der
Rechtsordnung adäquaten Stellung verschaffen könnte als den
nur als Erfüllung der Rechtsordnung vorzustellenden Staats-
akten.
Da es Staatsakte gibt, denen auch nach herrschender
Meinung diese einseitig rechtmachende Qualität nicht zukommt,
jene Staatsakte nämlich, die den Normen des Privatrechtes
unterstellt sind, die Kauf-, Pacht-, Miet-, Darlehensgeschäfte
usw. zum Inhalt haben — so ist natürlich die Frage zu be-
antworten, welche Akte des Staates diesen Mehrwert, die Fähig-
keit, einseitig Recht zumachen, eigentlich aufweisen. Antwortet
man: die spezifisch öffentlich-rechtlichen, so liegt darin offen-
bar wiederum der früher gerügte circulus vitiosus, sofern man
auf die Frage, welche Akte denn spezifisch öffentlich-rechtlicher
Natur seien, die Antwort erhält: jene, in denen der Staat mit
rechtlichem Mehrwert dem Untertanen gegenübertritt. Diesem
Fehler wollte Otto Mayer bewußt ausweichen. Er sagt: „Die
Frage muß also bereits vorher entschieden sein: nicht weil die
bindende Kraft des Staatswillens darin wirksam wird, wird, der
Akt als ein öffentlich-rechtlicher anerkannt, sondern weil er
aus irgendeinem anderen Grunde zum öffentlichen Rechte ge-