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der Ausgleichsgesetze für die beiden Staaten der Monarchie nur
eine einheitliche Staatsbürgerschaft anerkennen.
Die Versuche zur Creierung einer einheitlichen Reichsbürger-
schaft haben selbst in Oesterreich Schiffbruch erlitten, durch die
Schaffung des Staatsgrundgesetzes vom 21. Dezember 1867 (RGBl.
Nr. 142)'?, welches die österreichische Staatsbürgerschaft aus-
schließlich auf die im Reichsrate vertretenen Königreiche und
Länder beschränkte !”. Durch diese territoriale Restriktion ?° ist
der Begriff des, auch das Volk Ungarns in sich schließenden
18 Staatsgrundgesetz vom 21. Dezember 1867 über die allgemeinen
Rechte der Staatsbürger. $ 1: „Für alle Angehörigen der im Reichsrate
vertretenen Königreichen und Ländern besteht ein allgemeines österreichi-
sches Staatsbürgerrecht‘“.
1° Hiemit ist die Österreichische 'Staatsbürgerschaft zu einer neuen
Etappe ihrer Entwicklung gelangt. Die östereichische Staatsbürgerschaft
hat nämlich einen ganz eigenartigen Entwicklungsprozeß durchgemacht.
Ursprünglich hat die Angehörigkeit zu den einzelnen Kronländern (Kron-
landsangehörigkeit) den Begriff der Staatsangehörigkeit ersetzt. Erst das
im Jahre 1811 geschaffene allgemeine österreichische Zivilgesetzbuch erhob
über die Kronlandsangehörigkeit den Begriff einer einheitlichen Staatsan-
gehörigkeit. Mit der Reichsverfassung vom 4. März 1849 hat sich dann
dieser Begriff zu einem, alle Völker des Reiches umfassenden Reichsbürger-
rechte erweitert, und ist dann im Jahre 1867 mit der dualistischen Ge-
staltung der Monarchie wieder auf die österreichischen Kronländer be-
schränkt worden. (HERRNRITT: a.a.0. S78; KARMINSKI: „Zur Kodifika-
tion des österreichischen Staatsbürgerschaftsrechtes®. Wien, 1887. 8. 11.)
*° ULBRICH wirft die Frage auf, daß angesichts dessen, daß das (e-
setz vom 21. Dezember 1867 das Reichsbürgerrecht auf die österreichischen
Kronländer beschränkte, welche Personen hiedurch die österreichische
Staatsbürgerschaft behalten bezw. verloren haben. Die Lösung findet er
darin, daß Jene, die beim Eintritt der Wirksamkeit dieses Gesetzes in ir-
gend einer österreichischen Gemeinde das Heimatrecht besaßen, ihre Öster-
reiche Staatsbürgerschaft behielten, während Angehörige einer ungarischen
Gemeinde fortan als ungarische Staatsangehörige zu behandeln waren.
(A.a. O, 8. 181) Wie wir aber gesehen, kann die Lösung auf die Ge-
meindezuständigkeit durchaus nicht basiert werden, da das ungarische
Recht das seitens der ‚k. k. Regierungsbehörden® in der Periode von 1849
bis 1867 in ungarischen Gemeinden erteilte Heimatrecht nicht als rechts-
kräftig anerkennt,