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abweichenden internationalen Verträge in Geltung bleiben. Die
Konvention vom Jahre 1870 ist zwar kein formeller Vertrag, son-
dern nur eine, durch bloßen Schriftwechsel, in Form von Zu-
schriften der beiden Regierungen zustande gekommene Verein-
barung; daß aber auch diese zu den durch $ 47 des Gesetzes auf-
recht erhaltenen Verträgen hinzuzurechnen sei, dies wurde seitens des
ungarischen Ministeriums des Innern wiederholt ausgesprochen *®,
Durch den inkorporativen Hinweis des $ 47 des GA. L: 1879 ist
der in dieser Vereinbarung enthaltene Grundsatz zur Gesetzeskraft
erhoben worden, so daß eine, von demselben abweichende Praxis
nur auf Grund besonderer gesetzlicher Ermächtigung inauguriert
werden könnte.
Dieser Vertrag gewann zu jener Zeit nicht nur vom admini-
strativen Gesichtspunkte Bedeutung, nämlich nicht nur dadurch,
daß er den, aus der doppelten Staatsbürgerschaft und mit dieser
verbundenen doppelten Heimatzuständigkeit etwa sieh ergebenden
Konflikten vorbeugte, sondern eine ganz besondere Bedeutung er-
hielt dieser Vertrag durch den Umstand, daß er den Grundsatz
der Inkompatibilität der Österreichischen und ungarischen Staats-
bürgerschaft auch seitens Oesterreichs zur Anerkennung brachte.
Wenn wir bedenken, daß das Staatsbürgerrecht in Ungarn noch
vor einigen Jahren als ein Status minderer Art, gleichwertig mit
der Landesangehörigkeit der österreichischen Kronländer, als im
Begriffe des Reichsbürgerrechtes enthalten, betrachtet wurde, und
daß dasselbe auf Grund der Aufnahme in ungarischen Gemeinden
durch die österreichischen Regierungsbehörden verliehen wurde,
nur dann können wir die Bedeutung dieser Initiative der ungari-
schen Regierung in vollem Maße würdigen.
Die mit Oesterreich abgeschlossene Konvention hat auch jene
:® Vgl. die Zuschrift des königl. ung. Min. des Inn. an den königl. ung.
Handelsminister vom 26. Dezember 1884 2. 69488. („Magyar Közigazgatäs“.
1886. Nr. 29) und die Entscheidung des Min. des Inn. vom 24. April 1886
2. 22393. „Magyar Közigazgatäs“, 1886. Nr. 27.)