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1877 ausgedrückte Standpunkt ist auf diese Weise bloß eine
einseitige Manifestation der österreichischen Rechtsauffas-
sung, und als solche kann sie eine rechtliche Wirkung nicht
erzeugen, und kann in einer solchen Frage nicht präjudizieren,
welche nur doppelseitig, durch übereinstimmende Willens-
erklärung der beiden Staaten gelöst werden kann. Dieser Erlaß
besitzt also für die Begründung der völkerrechtlichen Einheit der
beiden Staatsbürgerschaften keine Beweiskraft. Und so ist das
in demselben niedergelegte Prinzip, nach welchem die beiden
Staatsbürgerschaften in auswärtigen Beziehungen als ein ein-
heitliches Rechtsverhältnis aufzufassen wären, eigentlich nichts
mehr, als ein pium desiderium, insolange der ungarische
Staat seine Zustimmung hiezu nicht erteilt.
Wir müssen noch darauf hinweisen, daß auch die Textierung
einzelner internationaler Verträge gewissermaßen zur
Unterstützung jener Auffassung geeignet erscheint, als ob in inter-
nationalen Beziehungen weder österreichische, noch ungarische
Staatsbürger existieren würden, sondern nur gemeinsame öster-
reichisch-ungarische Staatsbürger. Es ist eine unleug-
bare Tatsache, daß in mehreren unserer internationalen Verträge
die rechtliche Sonderstellung der beiden Staatsbürgerschaften und
demgemäß der selbständige und exklusive Charakter der ungarischen
Staatsbürgerschaft nicht deutlich in Erscheinung tritt. Besonders
in den früheren Verträgen wurden oft derartige Ausdrücke ange-
wendet, welche die Abgesondertheit der beiden Staatsbürgerschaf-
ten gänzlich unberücksichtigt ließen.
Aus dem Gesichtspunkte des ungarischen Rechtes muß unter
sämtlichen internationalen Verträgen als am meisten verletzend
der zwischen Oesterreich-Ungarn und den Vereinigten Staaten von
Nordamerika über die Regelung der Staatsbürgerschaft der Aus-
wanderer am 20. September 1870 abgeschlossene Staatsvertrag
bezeichnet werden, welcher konsequent von „Bürgern der öster-
reichisch-ungarischen Monarchie“ (Art. I. und Il.), von den, aus