Contents: Archiv für öffentliches Recht. Band 31 (31)

— 204 — 
satz die Rechtspflicht knüpft, hier schon im Augenblicke 
seiner Perfektion gegeben sind. 
Nach Otto Mayer soll der Verwaltungsakt, der juristisch 
als Erfüllung staatlicher Rechtspflicht zu gelten hat und die 
Rechtsfolge der Gehorsamspflicht nach sich zieht, tatsächlich 
Rechtspflicht und Rechtsnorm zugleich sein: ‚‚In obrigkeit- 
licher Weise dem Untertanen gegenüber zu bestimmen, was 
für ihn im Einzelfalle Rechtens sein soll, gehört keines- 
wegs zum Vorbehalt des Gesetzes. Das ist eine Aeußerung 
der öffentlichen Gewalt, die an sich auch der vollziehenden Ge- 
walt zusteht‘. Was hat man darunter zu verstehen, daß dem 
Untertanen gegenüber bestimmt wird, was für ihn im Einzel- 
falle Rechtens sein soll? Beim gerichtlichen Urteil, das diese 
Funktion erfüllt, liegt die Sache so: Eine durch die Rechtsord- 
nung statuierte, durch Rechtsgeschäft oder sonstwie zustande- 
gekommene Pflicht wird verletzt. Ob die Pflicht und daher 
auch deren Verletzung nach der Rechtsordnung besteht, wird 
in der Regel streitig sein, muß es aber nicht; der Begriff der 
Rechtsprechung erfordert nicht den Rechtsstreit, sondern die 
Rechtspflichtverletzung #®. Das Urteil muß auf Grund des 
die Unrechtsfolge statuierenden Rechtssatzes die Rechtsver- 
letzung feststellen, bevor die Unrechtsfolge — Strafe oder 
Exekution — verhängt wird. Das Urteil schafft nicht die 
fragliche Rechtspflicht neu, es stellt lediglich fest, daß die 
Rechtspflicht durch die Rechtsordnung entstanden ist. Was 
das Urteil selbst bewirkt, ist die Außerstreitsetzung der bisher 
nur behaupteten Pflichtverletzung. Das Urteil erfüllt eine 
letzte vom Rechtssatz geforderte Voraussetzung für die Ver- 
hängung der Unrechtsfolge.. Was in dem Einzelfalle für den 
Untertan Rechtens sein soll, bestimmt nicht das Urteil, Son- 
  
5® Vgl. dagegen Bernatzik, Rechtsprechung und materielle Rechts- 
kraft, Wien 1886, 8. 63ff.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.