Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 31 (31)

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sie nehmen die mehrfache Staalsbürgerschaft als einen Rechts- 
zustand an; im ungarischen Rechte hingegen, wo der anderen 
Staatsbürgerschaft keinerlei rechtliche Wirkung zuerkannt wird, 
kann von der Rechtmäßigkeit der doppelten Staatsbürgerschaft 
keine Kede sein. 
Das ungarische Gesetz supponiert bloß die faktische Mög- 
lichkeit der Kumulation mit einer anderen Staatsbürgerschaft”?, 
was aber keineswegs mit deren rechtlichen Anerkennung gleich- 
bedeutend ist. Das Gesetz hat hier einfach mit der Tatsache ge- 
rechnet, vor welcher es sich nicht verschließen konnte, daß näm- 
lich der Zustand der doppelten Staatsbürgerschaft de facto ein- 
treten kann; wollte aber eben demgegenüber durch den $ 36 je- 
nem Standpunkte Ausdruck verleihen, daß es diesem Zustande die 
rechtliche Anerkennung versagt”. Mit anderen Worten, das Ge- 
setz anerkennt die faktische Möglichkeit der mehrfachen 
Staatsbürgerschaft, erkennt aber nicht deren rechtliche Gül- 
tigkeit an, d. h. es betrachtet diese tatsächliche Doppelstaats- 
’3 KMETY: „A magyar közjog tankönyve“. (Handbuch des ungarischen 
Staatsrechtes.) Budapest 1911. 8. 74. 
?* Das ungarische Recht kennt nur eine Ausnahme von dem Prinzipe 
der Exklusivität der Staatsbürgerschaft, u. z. für die Mitglieder des Herr- 
scherhauses, für die es die doppelte Staatsbürgerschaft als einen Rechts- 
zustand anerkennt, insofern laut $4 des GA. I: 1723 als Bedingung 
der Thronfolgeberechtigung in Ungarn die österreichische erzher- 
zogliche Qualität, die Eigenschaft eines ‚archiducis Austriae“ erfordert wird. 
Da aber diese Ausnahme eine, von der Regelung der Staatsbürgerschaft unab- 
hängige staatsrechtliche Ursache hat, da weiters die Staatsbürgerschaft der 
Mitglieder des Herrscherhauses weder formell, noch inhaltlich mit dem eigent- 
lichen staatsbürgerrechtlichen Verhältnisse als gleich angesehen werden kann, 
und daher die Staatsbürgerschaft der Mitglieder des Herrscherhauses einer 
anderen Beurteilung unterzogen werden muß, als die ungarische Staats- 
bürgerschaft im allgemeinen, demzufolge kann aus dieser Ausnahme auf 
Rechnung des exklusiven Charakters der ungarischen Staatsbürgerschaft 
keine Folgerung gezogen werden. Vgl. hierüber meine Abhandlung: „Az 
uralkodöhäz tagjainak ällampolgäri jogälläsa“. (Die staatsbürgerliche 
Rechtsstellung der Mitglieder des Herrscherhauses.) „Jogtudomänyi Közlöny.“ 
1907. Nr. 15.
	        
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