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in der Wissenschaft bisher der Begriff theoretisch nicht durchge-
arbeitet und bis ans Einde gedacht worden. In ersterer Beziehung
vielleicht dürfte er in Wirklichkeit nicht mehr bedeuten als: be-
wußte Innervation der Staatstätigkeit. In Rücksicht auf die Ge-
waltunterworfenen müssen wir gleichfalls eine mehr natürliche,
weniger konstruierte Auffassung des Begriffes Wille uns aneignen;
hier wird er ebenso sich der rein physiologischen Vorstellung
nähern.
Man hat durch ein Jahrhundert in der Befangenheit ein-
seitiger zivilistischer Vorstellungen verwaltungsrechtliche Institute
in falscher Richtung ausgebaut. Diesem Umstande gegenüber
wird der Praktiker das Bedenken haben, daß sich die positiv
rechtliche in schiefer Bahn erfolgte Entwicklung z. T. nicht wird
rückgängig machen oder Begriffen zuliebe wird drehen und deuteln
lassen. Der Systematiker wird sich aber von der These und ihrer
Nachprüfung nicht zurückschrecken lassen dürfen, daß eine An-
zahl altvertrauter Vorstellungen aus dem Zivilrecht im publizisti-
schen Tätigkeitsrecht nicht anwendbar seien. Die kritische Sonde
wird so, ganz abgesehen von dem Begriffe des Rechtsgeschäfts,
bei den Begriffen der Geschäfts- und Handlungsfähigkeit, von
Vertretung und Vertreter, der juristischen Person, der Aktiv- und
Passivlegitimation, des Verschuldens u. a. ansetzen müssen.
Eine Vorarbeit für eine von diesen Spezialfragen gibt Schön-
born im Archiv für Oeffentliches Recht, Bd. 24 S. 126 ff. (Alters-
stufen und Geschäftsfähigkeit im öffentlichen Recht). Ein Mangel
dieser Arbeit ist allerdings von unserem Standpunkte, daß die
rechtschöpferischen Verfügungen nicht von den gewaltrechtlichen
Verwaltungsakten getrennt sind. Zudem ist bei Schönborn die
„Geschäftsfähigkeit“ auf Seite der Behörde auch nicht der Ge-
schäftsfähigkeit des einzelnen Gewaltunterworfenen gegentberge-
stellt. Zunächst kann man sich zwar das negative und im allge-
meinen ausgesprochene, aus dem Gesetzesmaterial geschöpfte Re-
sultat Schönborns zu eigen machen, daß eine durchgehende Alters-