Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 31 (31)

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tralistische österreichische Politik dem unauslöschlichen Haß des 
magyarischen Volkes anheimgefallen ist. 
III. In der Sitzung des ungarischen Reichstags vom 29. April 
1912 hat Ministerpräsident v. Lukacs von der Verhängung des 
Ausnahmezustandes in Kroatien zugestanden, daß sie in den 
Gesetzen nicht vorgesehen sei, doch erscheine sie durch 
die Praxis und das Staatsnotrecht sanktioniert 2%, Wie 
seltsam hebt sich der Hinweis der ungarischen Landtagsadresse 
vom 12. August 1861 auf die unbedingte Pflicht nicht nur 
des Königs, sondern auch des Landes zur Beobachtung der 
(durch den Königseid bekräftigten) Gesetze von diesem gegen die 
Kroaten angerufenen Staatsnotrecht ab *®! Damit wird die Er- 
innerung daran aufgefrischt, daß das ständische ungarische 
Staatsrecht Fälle des vom König pro exigentia rerum, necessitate 
adurgente, pro necessitatibus regni, et gravissimis rationibus 
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status ?°° geübten provisorischen Verordnungs- und Not- 
verordnungsrechts kennt, und daß darum die ältere ungarische 
staatsrechtliche Literatur von einem nicht näher begrenzten jus 
eminens des Königs spricht. Wenn auch damit nicht die an 
die ungarische Abfallsbewegung geknüpfte Verwirkungstheorie 
anerkannt ist *®, so erscheint doch unter dem Gesichtspunkt 
dieses Notrechts die aus dem Rechtsgrund der pragmatischen 
20? Bericht der Neuen Freien Presse im Morgenblatt vom 30. April 1912 
N. 17128 8.7. 
203 AEGIDI S. 144. 204 'TEZNER, Der Kaisertitel S. 13. 
205 Sje wurde durch folgende Stelle der Mitteilung SCHMERLINGsS vom 
23. August 1861 an beide Häuser des Reichsrates betreffend die Auflösung 
des ungarischen Landtags vom 21. August formuliert: „Ungarns Verfassung 
war durch die revolutionäre Gewalt nicht nur gebrochen, somit von Rechts 
wegen verwirkt, sondern auch faktisch beseitigt.“ Axcıpı S. 179. Die 
Theorie ist die Anwendung der Lehre des Hu6o GROTIUS de jure belli ac 
pacis Ab.3 cap. 7, cap. 88, 15, 9, wonach der Eroberer zur Aufrechthaltung 
der Verfassung des eroberten Landes nicht verpflichtet ist (TurBA, Die 
Grundlagen der pragmatischen Sanktion S. 11), folgt aber auch aus der 
Möglichkeit eines Krieges zwischen dem ständischen Monarchen und dem 
Land. 
Archiv des öffentlichen Rechts. XXXT. 3
	        
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