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getan hat. Aber auch die Wissenschaft vom Rechte hat Ursache, dem Autor
dankbar zu sein. Er hält die Mitte zwischen einer lediglich praktischen
Zwecken dienenden Bearbeitung von Einzelheiten des geltenden Rechtes
und zwischen einer bloß theoretische Interessen fördernden Erörterung all-
gemeiner Probleme. So kann sein Buch in einem Grade, wie dies nur we-
nige Werke der leider nicht umfangreichen Literatur des österreichischen
Verwaltungsrechtes imstande sind, eine Brücke zwischen Theorie und Praxis
schlagen. Es leitet den Praktiker an, allgemeinere Begriffe zu suchen und
zu verwerten, den Theoretiker führt es in das praktische Rechtsleben ein.
Nach beiden Richtungen ist Maß gehalten. Der Raum, welcher allgemeinen
Problemen gewidmet ist, kann bescheiden genannt werden, anderseits fehlt
die ermüdende und erdrückende Fülle von Details, welche in einer nur zu
praktischen Zwecken geschriebenen Darstellung unvermeidlich wäre.
Eine eingehende Besprechung des Werkes wäre angesichts der Reich-
haltigkeit und des Umfanges desselben auf dem hier zur Verfügung stehen-
den Raum nicht möglich. Auch auf die vielen Erörterungen, in denen
KuLiscH einen anderen Standpunkt einnimmt als ich in meiner Arbeit
„Das Recht zum Gewerbebetrieb“, Wien und Leipzig, 1908, und in dem
Aufsatz „DerBefähigungsnachweis bei Handelsgewerben“ in der Oesterreichi-
schen Zeitschrift für Verwaltung, XLI (1908), Nr. 49 und 50, kann hier aus
demselben Grunde nicht eingegangen werden (vgl. beispielsweise KULISCH,
S. 320, Anm. 2 zu 319, 321 Anm. 4, 407 Anm. 3, 409 Anm. 3, 444 Anm. 2,
928 Anm. 1, 580 Anm. 1 zu 578 u.a.), ebensowenig auf alle jene Materien,
in denen ich mit Freude eine Uebereinstimmung zwischen KULISCHs und
meinen Ansichten konstatieren kann (vgl. beispielsweise KuLIscH, S. 383
Anm. 5, 386 Anm. 1, 406 Anm. 2, 417 bei Anm. 1, 447 Anm. 2 u.a.). Nur
ganz weniges aus dem Inhalt des Buches kann hier kurz besprochen werden.
Eine der theoretisch interessantesten unter den im vorliegenden
ersten Bande behandelten Fragen ist die, ob die Befugnis zum (Gewerbe-
betrieb ein subjektives Recht darstelle oder nicht. KuLıscH hat an seiner
in der ersten Auflage vertretenen Auffassung, obwohl er sie nunmehr tiefer
zu begründen sucht, doch im wesentlichen festgehalten (S. 574 ff.). (Vgl.
über die Auffassung der ersten Auflage OTTo MAYER in dieser Zeitschrift,
XXV, 486, 487 und meine Ausführungen in Das freie Ermessen und seine
Grenzen, Leipzig und Wien, 1910, 97, Anm. 2.) Nur wenn die Befugnis zum
Gewerbebetrieb nicht Ausfluß der allgemeinen Rechtspersönlichkeit, sondern
an besondere Voraussetzungen geknüpft sei und wenn überdies diese be-
sonderen Voraussetzungen nicht unmittelbar durch den Rechtssatz sondern
„erst mit der Erfüllung eines für den Einzelfall noch erforderlichen Tat-
bestandes® gegeben sind, liege ein subjektives Recht vor (8. 577). Das
Problem dürfe daher nicht allgemein, sondern müsse für jeden Staat ge-
sondert gestellt und beantwortet werden (S. 577, 578). Demgegenüber muß
wohl die Frage aufgeworfen werden, warum denn die Betätigung der ‚all-
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