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beispiellose Unklarheit begreiflich werden kann, in welche die
Rechtswissenschaft mit ihren Fundamenten geraten ist. Nur
das für ein Verständnis des speziellen Problems dieser Abhand-
lung Notwendige soll hier gegeben werden. Und da muß
immer wieder daran erinnert werden, daß die für unser
modernes Rechtssystem höchst charakteristische Unterscheidung
zwischen jus privatum und jus publicum dem römischen Rechte
entstammt. Wenn man den rechtstheoretischen Wert dieser
Distinktion beurteilen will, ist es vielleicht nicht überflüssig
sich zu vergegenwärtigen, daß die Römer, so bedeutend ihre
Leistung auf dem Gebiete der Rechtserzeugung und Rechts-
anwendung, kurz auf dem Gebiete der Rechtspraxis war, den-
noch — oder .gerade deshalb? — keine Rechtstheorie,
kein logisch geschlossenes System von Rechtsbegriffen ge-
schaffen haben. Sie waren ein eminent praktisches Volk, aber
sie hatten so gut wie gar keinen Sinn für Abstraktion. Wie
überhaupt keine Philosophie, so hatten sie auch keine
Rechtsphilosophie, weder eine materielle noch eine formale. Und
so sind denn auch ihre rechtssystematischen Versuche durchaus
unzulänglich ®, ‚Das römische Institutionensystem, das den
3 Treffend führt schon Arnold (Kultur und Rechtsleben, Berlin,
1865) aus, daß die Besonderheit der römischen Rechtsbildung und Rechts-
entwicklung, die auf der einen Seite einen so großen Vorzug des römi-
schen Rechtes bildete, der Ausbildung eines theoretischen Systems hin-
derlich war. ‚Die Theorie des Rechtes hatte in Rom überhaupt nicht
die Bedeutung wie bei uns.“ Die Anordnung des Stoffes erfolgte mehr
nach praktischen, als nach theoretischen Gesichtspunkten. Und was
besonders wichtig ist: Die Römer haben sich niemals zu dem einem
formaltheoretischen Bedürfnis entspringenden Gedanken erhoben, ‚daß
die Summe aller zu einer gewissen Zeit geltenden Rechtssätze zugleich
ein eigenes in sich geordnetes Ganzes bilde, das schon um seiner selbst
willen Wert und Bedeutung hat“. Dazu kommt eine verhältnismäßig
geringe Abstraktionsfähigkeit der römischen Juristen: ‚Denn so abstrakt
das Recht sein mag, es konnte doch die Entwicklungsstufe des Alter-
tums nicht überspringen und diese blieb im ganzen viel mehr am $inn-
lichen und Konkreten haften als wir es tun... Alle Begriffe des römi-