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gleichgestellt sind: Es sind eben Rechtspflichten.
Vor der Rezeption, als der deutsche Staat noch ein Rechtsstaat
war, weil die Rechtsordnung ebenso wie das Verhalten der
Untertanen auch die Aeußerungen der Staatsgewalt selbst er-
faßt hielt, da mußte das Recht — obesnun für Untertanen
oder Staatsgewalt galt, da mußte Recht eben Recht blei-
ben, so daß die sekundäre Frage nach dem Gegenstand der
Normierung, nach dem Subjekt und Inhalt der Rechtspflichten
zu einer Trennung gar nicht führen konnte. Nach der Rezep-
tion freilich mußte die scharfe Unterscheidung zwischen dem
Recht des Staates — dem jus publicum — und dem Rechte der
Untertanen — dem jus privatum — einen guten Sinn bekom-
men, da sich das politische Prinzip des Absolutismus,
nach dem man die Staatsgewalt entfaltete, und das nur fälsch-
lich und sicherlich nicht ohne Täuschungsabsicht den Ehren-
namen des Rechtes, des Staatsrechtes arrogierte, vom jus pri-
vatum, dem Privatrecht sich nicht mehr und nicht weniger
unterscheidet, als sich eben Recht von Nicht-Recht, Recht
von schrankenloser Macht unterscheidet.
Wenn man die Unterscheidung zwischen privatem und
öffentlichem Rechte, welche die moderne Rechtswissenschaft
beherrscht, wenn man insbesondere das Postulat differentieller
Behandlung des öffentlichen Rechtes gegenüber dem privaten
verstehen will, das der modernen Staatsrechtstheorie ihr Ge-
präge gibt, dann wird es vielleicht nicht überflüssig sein, sich
der politischen Tendenz zu erinnern, die zur Rezeption
des sog. römischen Staatsrechtes und damit des Gegensatzes
von jus publicum und privatum geführt hat, und es wird
nützlich sein, sich stets gegenwärtig zu halten, daß das Be-
streben, die Staatsgewalt vom Recht zu befreien,
zu jenem spezifischen Begriff des jus publicum
greifen ließ, der das ‚Recht‘, der vom Recht befreiten,