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vollzieht, ist zum intensivsten aller Individualinteressen ge-
macht. Es wäre töricht, ihn als Individual- oder als Gat-
tungsfunktion zu qualifizieren, denn er ist beides; nur der
verschiedene Standpunkt, von dem aus man ihn betrachtet,
läßt bald die eine, bald die andere Seite hervortreten. Es ist
ein unmögliches, weil im Grunde unlogisches Beginnen, den
Gegensatz von privat und öffentlich, der ja nur der Gegensatz
von Individuum und Kollektivum ist, im Objekt des Rechtes zu
suchen, d. h. die Rechtsbeziehungen nach privaten und öffent-
lichen einzuteilen. Denn jede Rechtsbeziehung ist immer auch
— wenn nicht nur — eine Beziehung zwischen Rechts-
individuum und Rechtskollektivum, zwischen dem Privaten und
dem Oeffentlichen. ‚Privat‘ und „öffentlich“ sind Richtungs-
bezeichnungen wie Süd und Nord, rechts und links. Wenn
eine Straße nach Nord führt, muß sie auch — und zwar im
selben Grade — nach Süd führen. Wenn ein Rechtsverhältnis
privatist, muß es auch, von der anderen Seite gesehen, öffent-
lich sein!
Deutlich tritt die Unzulänglichkeit des Interessenkriteriums
hervor, wenn man versucht die Pflichten und Rechte des
Staates und die sie begründenden Tatbestände: die Rechts-
geschäfte (im weitesten Sinne) nach dem Interessen-
kriterium zu scheiden. Die herrschende Lehre, richtiger die
herrschende Terminologie stellt bekanntlich den spezifisch
öffentlichen Rechtsgeschäften des Staates seine privaten gegen-
über. Vom Standpunkte der Interessentheorie ist diese Unter-
scheidung schlechterdings sinnlos. Denn es ist ein Widerspruch
in sich selbst, daß der Staat, der doch der juristische Ausdruck
der Rechtsgemeinschaft, des Rechtskollektivums ist, dessen In-
teresse doch, wenn schon nicht allein, so doch in allererster
Linie als das öffentliches par excellence gelten muß, in irgend
einer Beziehung als Träger von Privatinteressen erscheint.