Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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irgendein Landtag beschließen, daß ein oder der andere ihm über- 
lassene Gegenstand der Gesetzgebung im Reichsrate behandelt 
oder erledigt werde, so übergeht ein solcher Gegenstand für die- 
sen Fall und rücksichtlich des betreffenden Landtages in den 
Wirkungskreis des Reichsrates*. Nun muß zunächst festgestellt 
werden, daß der Reichsgesetzgeber, um seine Kompetenz über die 
von ihm im $ 11 gezogene Grenze auszudebnen. kraft seiner 
Kompetenzhoheit keiner Delegation seitens des Landesgesetzgebers 
bedarf. Durch ein mit den Garantien des $ 15 des Grundgesetzes 
über die Reichsvertretung ausgestattetes. reichsverfassungsändern- 
des Reichsgesetz kann der erwünschte Zweck realisiert werden. 
Die Bestimmung des $ 12 Abs. 2 hätte vom Standpunkt der Reichs- 
verfassung nur die Bedeutung, daß, im Falle ein delegierender 
Landtagsbeschluß vorliegt, die Garantien des $ 15 außer acht ge- 
lassen werden können. Vom Standpunkt der Landesverfassung 
aber ist sie ungültig. Eine Einschränkung der durch die 
Landesordnung von 1861 gezogenen Kompetenz ist kraft Lan- 
desordnung nur durch Landesgesetz, nicht aber dureh bloßen 
Landtagsbeschluß (wie $ 12 Abs. 2 der Grundgesetze in der Reichs- 
verfassung vorschreibt) möglich. Was aber jene Kompetenzen 
betrifft, mit denen das Grundgesetz über die Reichsvertretung von 
1867 den Wirkungskreis der Landtage (so wie er 1861 gezogen 
wurde) zu erweitern versuchte, so stehen sie, soferne die Landes- 
ordnung nicht durch Landesgesetz in diesem Sinne abgeändert 
wurde, der Landesgesetzgebung gar nicht zu. Auf sie kann vom 
Standpunkte der Landesverfassung, also weder durch Landtagsbe- 
schluß noch durch gewöhnliches Landesgesetz verzichtet werden. 
Eine Delegation an den Reichsgesetzgeber wäre nur auf Grund 
eines die Landesordnung nach $ 38 abändernden Landesgesetzes 
möglich, das die Kompetenzgrenze der alten Landesordnung er- 
weitert, um die neue Kompetenz dem Reichsrat zu übertragen. 
Daß der Reichsgesetzgeber in diesem Falle nur als Delegat des 
Landesgesetzgebers fungiert, ist selbstverständlich; und ebenso
	        
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