Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 33 (33)

— 43 — 
lassen, wovon oben bereits die Rede gewesen ist. Auch darin 
zeigt sich die mehr unpolitische Natur des englischen Geschwo- 
renengerichts, daß bei der Auswahl der Geschworenen und bei 
der Handhabung des Ablehnungsrechtes viel weniger Wert darauf 
gelegt wird, eine politisch zuverlässige und nach oben hin unab- 
hängige Geschworenenbank zu erhalten. Das versteht sich in 
England alles von selbst. Es kommt allerdings noch hinzu, daß 
die Urteilsjury in den alten Zeiten der englischen Geschichte ein 
reines Beweismittel für den Richter gewesen ist. Zwölf ange- 
sehene Mitglieder der Gemeinde legten dem herumreisenden Richter 
gegenüber Zeugnis ab von Straftaten, die in dem Bezirke ge- 
schehen waren. Da sonach die Geschworenen selbst nur Beweis- 
mittel waren, konnten sie naturgemäß im eigentlichen Sinne nicht 
Recht sprechen. Erst später, als ein geordnetes Beweisverfahren 
vor der Jury aufkam, verlor sich der Charakter als reines Be- 
weismittel.e Immerhin ist auch heute noch eine gewisse Nach- 
wirkung des Gedankens der Beweisjury darin zu erkennen, daß 
bei der Wahl der Geschworenen ein geringerer Wert auf die 
reinen Richtereigenschaften der Unabhängigkeit, Unparteilichkeit 
und Sachkunde gelegt wird. Auch das Erfordernis der Einstim- 
migkeit für den Wahrspruch der Geschworenen ist ein Ueber- 
bleibsel der alten Anschauung von der Beweisjury, in der eben 
der Beweis für den Richter dadurch gebracht wurde, daß gerade 
zwölf Gemeindemitglieder eine Tat bezeugten. 
Auf der Grundlage gegenseitigen Vertrauens und gegensei- 
tiger Achtung erwächst in England ein Zusammenwirken zwischen 
Richter und Geschworenen, wie es in anderen Ländern unbekannt 
ist. Obwohl oder gerade weil der Vorsitzende in England nicht 
den Angeklagten und die Zeugen verhört, richtet er sein volles 
Augenmerk einzig darauf, daß die Verhandlung in würdiger 
Weise durchgeführt wird und die Beweise den Geschworenen in 
reinster und zuverlässigster Form entgegengebracht werden. Er 
tritt jedem Versuche, das Urteil der Jury zu verwirren oder in 
16*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.