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lassen, wovon oben bereits die Rede gewesen ist. Auch darin
zeigt sich die mehr unpolitische Natur des englischen Geschwo-
renengerichts, daß bei der Auswahl der Geschworenen und bei
der Handhabung des Ablehnungsrechtes viel weniger Wert darauf
gelegt wird, eine politisch zuverlässige und nach oben hin unab-
hängige Geschworenenbank zu erhalten. Das versteht sich in
England alles von selbst. Es kommt allerdings noch hinzu, daß
die Urteilsjury in den alten Zeiten der englischen Geschichte ein
reines Beweismittel für den Richter gewesen ist. Zwölf ange-
sehene Mitglieder der Gemeinde legten dem herumreisenden Richter
gegenüber Zeugnis ab von Straftaten, die in dem Bezirke ge-
schehen waren. Da sonach die Geschworenen selbst nur Beweis-
mittel waren, konnten sie naturgemäß im eigentlichen Sinne nicht
Recht sprechen. Erst später, als ein geordnetes Beweisverfahren
vor der Jury aufkam, verlor sich der Charakter als reines Be-
weismittel.e Immerhin ist auch heute noch eine gewisse Nach-
wirkung des Gedankens der Beweisjury darin zu erkennen, daß
bei der Wahl der Geschworenen ein geringerer Wert auf die
reinen Richtereigenschaften der Unabhängigkeit, Unparteilichkeit
und Sachkunde gelegt wird. Auch das Erfordernis der Einstim-
migkeit für den Wahrspruch der Geschworenen ist ein Ueber-
bleibsel der alten Anschauung von der Beweisjury, in der eben
der Beweis für den Richter dadurch gebracht wurde, daß gerade
zwölf Gemeindemitglieder eine Tat bezeugten.
Auf der Grundlage gegenseitigen Vertrauens und gegensei-
tiger Achtung erwächst in England ein Zusammenwirken zwischen
Richter und Geschworenen, wie es in anderen Ländern unbekannt
ist. Obwohl oder gerade weil der Vorsitzende in England nicht
den Angeklagten und die Zeugen verhört, richtet er sein volles
Augenmerk einzig darauf, daß die Verhandlung in würdiger
Weise durchgeführt wird und die Beweise den Geschworenen in
reinster und zuverlässigster Form entgegengebracht werden. Er
tritt jedem Versuche, das Urteil der Jury zu verwirren oder in
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