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Georg Jellinek, Allgemeine Staatslehre, dritte Auflage, unter
Verwertung des handschriftlichen Nachlasses durchgesehen und er-
gänzt von WALTER JELLINEK, 1914, Berlin, Verlag von O. Häring,
Ss. XXXII und 837.
Wie der Herausgeber im Vorwort mitteilt, hatte der Verfasser in seiner
letzten Lebenszeit die Absicht, die Besondere Staatslehre, die ursprünglich
mit der Allgemeinen Staatslehre zusammen das „Recht des modernen
Staates“ bilden sollte, nicht als zweiten Band des gesamten Werkes er-
scheinen zu lassen, sondern in die Allgemeine Staatslehre hineinzuverar-
beiten. Es ist begreiflich, daß der Herausgeber sich nicht für berufen
hielt, diese infolge des Todes des Verfassers unausgeführt gebliebene Ab-
sicht desselben seinerseits zu verwirklichen, und statt dessen die hinter-
lassenen Fragmente der Besonderen Staatslehre in den zweiten Band der
Ausgewählten Schriften und Reden GEORG JELLINEKs aufnahm. Wenn da-
her die Allgemeine Staatslehre jetzt als selbständiges Werk — mit Weg-
lassung des früheren Doppeltitels — erscheint, so entspricht dies ebenso
sehr den Intentionen des Verfassers, wie der durch die Veröffentlichung
jener Fragmente geschaffenen Sachlage. Wie nicht anders zu erwarten
war, hat der Herausgeber die ihm zunächst obliegende Aufgabe, den jüng-
sten Zeitereignissen und Neuerungen der Gesetzgebung und dem augen-
blicklichen Stande der Literatur Rechnung zu tragen, mit größter Sorgfalt
gelöst. Die aus dem Nachlaß des Verfassers herrührenden Zusätze sind
gering an Zahl und es ist keiner darunter, der eine wesentliche Aende-
rung in der Stellung des Verfassers zu einer der hunderte von Fragen, die
das Werk behandelt, in sich schließen würde. Bei dem verhältnismäßig
kurzen Zeitraum, der zwischen dem Erscheinen der zweiten Auflage und
dem Tode des Verfassers liegt, ist dies auch nicht zu verwundern, zumal
GEORE JELLINEK seine Ansichten überhaupt nur äußerst selten zu ändern
pflegte. Bei weitem zahlreicher sind die — fast ausnahmslos in die Noten
verwiesenen — Zusätze des Herausgebers, von denen einige der bedeutsam-
sten hier Erwähnung finden mögen.
S. 471 bezeichnet es der Herausgeber als eine dankbare Aufgabe, zu
untersuchen, ob nicht doch die Lehre vom monarchischen Prinzip sich in
Deutschland unabhängig von französischen Einflüssen herausgebildet habe,
und weist bei diesem Anlaß auf eine dieser Möglichkeit Raum gebende
Stelle aus PÜTTERs Beyträgen zum Teutschen Staats- und Fürstenrecht hin.
S. 446 wird bemerkt, daß angesichts der neuesten Forschungen HASBACHSs
(Zeitschrift für Sozialwissenschaft N. F. 1911 S. 14 ff.) MoNnTESQUIEU wohl
nicht mehr, wie dies die Meinung des Verfassers war, zu den Anhängern
der Lehre von der Volkssouveränität gerechnet werden könne.
S. 562 wird gegen die Ausführungen KELsens, wonach alle Pflichten
eines Staatsorganes mit Pflichten des Organträgers gleichbedeutend sein
sollen, bemerkt, daß zwar jede Pflicht des Staates schließlich in die Pflicht