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nicht nur aus der preuß. Verfassungsgeschichte, sondern auch aus dem
geltenden preuß, Verfassungsrecht darstellt.
Posen. Professor Dr. Friedrich Giese.
Dr. Paul Lenel, Priv.-Doz. in Göttingen, Wilhelm von Humboldt
unddieAnfänge derpreußischen Verfassung. Bd.IX,
Heft 3 der „Deutschrechtlichen Beiträge“, hgg. von Prof. Dr. Kox-
RAD BEYERLE in Göttingen. Heidelberg 1913. Carl Winters Univ.-
Buchhandl. 27 S.
Der Verfasser versetzt uns in dieser wortgetreuen Wiedergabe seiner
Göttinger Antrittsvorlesung in die Zeit der Anfänge der Kämpfe um eine
preußische Verfassung. Er gedenkt der Tätigkeit, welche Wilhelm von
Humboldt in diesen ersten Kämpfen entfaltet hat. Am 22. Mai 1815 hatte
der König die berühmte Verordnung über die zu bildende Repräsentation
des Volkes erlassen. LENEL erblickt in dieser Verordnung kein eigent-
liches Versprechen des Königs. Ihre Fassung rechtfertigt nicht die An-
nahme einer formellen Bindung, sondern sie ist nur die Bekanntgabe eines
Programms gewesen, das der König zu befolgen gedachte, wenngleich zu-
zugeben ist, daß die Kundgabe dieses Programms notwendig wie ein Ver-
sprechen aufgefaßt werden mußte. Zur Mitwirkung an den Verfas-
sungsarbeiten wurde auch von Humboldt berufen und zum Minister für
ständische Angelegenheiten und Mitglied der Verfassungskommission des
Jahres 1819 ernannt. Mit seinem vorzeitigen Ausscheiden infolge seines
unüberbrückbaren Gegensatzes zum Staatskanzler Hardenberg gingen die
Hoffnungen der Verfassungsfreunde zu Grabe. Denn v. Humboldt war
einer der eifrigsten Verfechter der Verfassungspläne gewesen. Seine An-
sichten hierüber kennen zu lernen, ist daher noch heute von größtem Werte
und Interesse. Seine Grundgedanken, die in zwei großen Verfassungs-
denkschriften vom Februar und Oktober 1819 niedergelegt sind, gipfeln in
der scharfen Ablehnung des Repräsentativsystems und in der Anknüpfung
an den alten ständischen Gedanken. Die Darstellung LENELs enthält eine
glückliche, von feinem Verständnis für den Geist der v. Humboldtschen
Auffassung getragene Analyse jener beiden Denkschriften.
Posen. Professor Dr. Friedrich Giese.
Strupp, Dr. K., Völkerrechtliche Fälle. Heft Il. Unter besonderer
Berücksichtigung der anglo-amerikanischen Staatenpraxis zum Ge-
brauch bei Vorlesungen und in Seminarien. Gotha 1914, Friedrich An-
dreas Perthes A.-G.
Der durch eine ebenso gehaltvolle und gründliche als umfangreiche
literarische Tätigkeit verdiente Mitherausgeber des Jahrbuchs des Völker-
rechts hat einer 1911 veröffentlichten kleinen Sammlung von Völkerrechts-