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keine dem Leben entnommenen Beispiele verdeutlichten Theoreme zu einem
System zusammengefügt wurden. Aus der großen Verschiedenheit des bis-
herigen Unterrichtsbetriebs zwischen den kontinentalen und angelsächsi-
schen Ländern mag sich auch die verschiedene Bewertung des Völkerrechts
in den beiden Ländergruppen teilweise erklären. Mit vollem Recht und
eroßem Nutzen hat deshalb STRupp aus dem Schatz des anglo-amerikani-
schen „cases* geschöpft.
Es ist zu hoffen, daß dem zweiten Heft in absehbarer Zeit weitere
folgen, die sich vielleicht später einmal zu einer größeren Sammlung zu-
sammenfassen lassen. Zu prüfen wäre noch, ob nicht auch Materialien
aufzunehmen wären (Verweisungen auf allgemein zugängliche Sammlungen,
Abdruck von Noten, Berichten, Gesetzen, Zeitungsmeldungen etc.), aus
denen die Studierenden erst den Fall selber herauszuschälen hätten.
Der Referent hat seit längerer Zeit in völkerrechtlichen Seminarien
die Sammlungen von Fällen, insbesondere auch das erste Heft von STRUPP,
mit Vorteil benutzt. Es gibt wohl kein besseres Mittel als solche Praktika,
um das Interesse am Völkerrecht zu beleben. Die Vertreter der Völkerrechts-
wissenschaft haben deshalb allen Grund, STRUPP für seine neuste Publi-
kation dankbar zu sein. Max Huber.
Dr. Ernst Löbe, Wirklicher Geheimer Rat und Präsident der Kgl. Sächs.
Oberrechnungskammer, Der Staatshaushalt des König-
reichs Sachsen in seinen verfassungs- und etats-
rechtlichen Beziehungennach dem Stande derheu-
tigen Gesetzgebung und unter Berücksichtigung
der geschichtlichen Entwicklung. Dritte, neu bear-
beitete Auflage, Leipzig Verlag von Veit u. Comp. 1912. 6 Mk.
In dieser bereits bewährten Schrift, die mit wechselndem Titel zuerst
1899, dann 1906 und nun abermals im Vorjahr erschien, gibt ein hervor-
ragend sachkundiger Verfasser ein klares Bild des sächsischen Staatshaus-
haltsrechts und zwar nicht nur nach seinen verfassungsrechtlichen Grund-
lagen, sondern auch in seinen zahlreichen verwaltungsrechtlichen Einzel-
heiten (vgl. besonders S. 56—98). Die geschichtliche Entwicklung ist sehr
eingehend behandelt, die Darstellung des geltenden Rechts nicht nur nach
Maßgabe der gesetzlichen und verordnungsmäßigen Bestimmungen, sondern
zugleich unter Mitberücksichtigung der gerade auf dem Gebiet des Etats-
rechts so besonders wichtigen Verwaltungspraxis erfolgt. Als einen Nach-
teil erachte ich die grundsätzliche souveräne Nichtbeachtung der Literatur;
weder die monographische Darstellung des sächsischen Budgetrechts von
FELIX v. SCHRÖDER (1906) noch OTTO MaAYERs Sächsisches Verwaltungs-
recht hat Erwähnung gefunden; selbst dort, wo eine Streitfrage als solche
bezeichnet wird wie S. 13, vermißt man einen Nachweis darüber, wer dar-