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Krone zeugen, weil darunter auch wıchtige Befugnisse der Kammern ab-
gehandelt und diese dadurch „als bloße Formen“ der Regierung betrachtet
werden. Jedoch, abgesehen davon, daß der Ausdruck gouvernement zu-
nächst ohne den Zusatz „du roi“ gebraucht war, scheint auf diese Ueber-
schriften kein großer Wert gelegt zu sein, da sie in der auf völlig anderem
Rechtsboden ruhenden Charte von 1830 unbekümmert stehen geblieben sind.
Es soll nicht geleugnet werden, daß die Restauration eine Anhängerin des
Satzes von der im Monarchen vereinigten Staatsgewalt gewesen sei, jedenfalls
aber hat sie sich gehütet, ihre Anschauung im Staatsgrundgesetz klar und offen
zu formulieren. Ist aber das Motto nicht ausgesprochen, so steht es auch
mit seiner Umschreibung (durch den Gegensatz zwischen jus und exereitium,
an dem Vf. für die Charts festhält) fraglich, denn nur durch die in der
Präambel angeblich vorausgeschickte prinzipielle Postulierung könnten die
Begriffe appartenir und exercer in Art. 13 und 15 diesen ihnen unterge-
legten Sinn gewinnen. Daß dergleichen politischen Velleitäten eine formal-
juristische Bedeutung nicht zugeschrieben werden kann'), ist neuerdings
auch gerade von solchen betont worden, die früher im anderen Lager stan-
‚den (REeum). Natürlich hat die rechtsstehende Theorie oder ein Praktiker
des monarchischen Prinzips wie der Kanzler DAMBRAY — worauf OÜESCHEY
hinweist — sich solche Deduktionen zunutze gemacht (auch in Deutschland).
Sie konnten eben unbekümmert Wünschen Ausdruck verleihen, die in der
Sprache des Gesetzes höchstens verdeckt und leise anklingen durften.
Aber aus diesem Milieu zu den deutschen Verfassungen und ihrem
monarchischen Prinzip war der Uebergang doch nicht so leicht, wie Vf.
(S. 150f.) glauben machen will. Auch er betont ja (S. 151) den Unter-
schied in der Staatsauffassung hier und dort. Die deutschen Fürsten konnten
ruhiger mit ihren Völkern sich auseinandersetzen als Restauration und Re-
volution, und ich habe an der oben erwähnten Stelle darauf hingewiesen,
daß das Dogma vom monarchischen Prinzip in Deutschland selbständig
formuliert und von Haus aus einen weniger schroffen, bloß die notwendige
Einheitlichkeit der Staatsgewalt betonenden Sinn hatte.
Das darf uns freilich nicht darüber täuschen, daß so, wie schließlich
die Texte der Verfassungen selbst oder Art. 57 WSA. das Dogma wieder-
geben, die Eigenart und ursprüngliche Abweichung gegenüber der bourbo-
nischen Auffassung verwischt und den deutschen Monarchen genau die
gleiche „außer- und überstaatliche“ Stellung (OzscHey S. 151) vindiziert
wird, die ein Ludwig XVIII. prätendierte. Denn, wenn sie die Staatsgewalt
in sich vereinten, was waren sie dann anderes als die personifizierte Staats-
gewalt selbst? Zwischen Herrscher und Staat zu unterscheiden, ist ein
vergebliches Bemühen, wenn man am Grundsatze des monarchischen Prin-
zips festhält.
1) Von OzscHey S. 156 anerkannt.