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urkunde eine Regentschaft eintreten sollte. Hier bestimmte viel-
mehr der $ 9, daß „über den künftigen Eintritt der Regentschaft
durch ein Gesetz zeitig zu verfügen“ sei. In allen Fällen hatte nach
88 demRegenten ein Rat von vier Mitgliedern als „Regentschaftsrat*
zur Seite zu stehen. Die Hälfte von ihnen war mit Zustimmung der
Landstände zu wählen, sie konnten zugleich Minister oder Geheim-
räte sein. „Ohne ihre Zustimmung kann keine dem Landesherrn aus-
schließlich zustehende Regierungshandlung gültig ausgeübt wer-
den“. Der Regent wie der Regentschaftsrat hatten die Aufrecht-
erhaltung der Verfassung ebenso anzugeloben wie der Thronfol-
ger. Hier ist offensichtlieh Titel II $ 20 der Bayr. Verf.Urkunde
vorbildlich gewesen. Die Einleitung zur Regentschaft lag dem
Gesamtstaatsministerrum ob und zwar alsbald im Fall eines land-
ständischen Antrags.
Nach $ 10 war der Kurfürst „das Oberhaupt des Staates,
er vereinigt in sich alle Rechte der Staatsgewalt und übt sie auf
verfassungsmäßige Weise aus. Seine Person ist heilig und un-
verletzlich.“ Dieser Paragraph bildet den Angelpunkt für das
Verständnis und die richtige Auslegung der ganzen kurhessischen
Verfassungsurkunde. Er proklamiert entsprechend den Artikeln
57 und 58 der Wiener Schlußakte den Grundsatz der Souveräni-
tät des Landesherrn, in Uebereinstimmung mit den Verfassungen
aller anderen deutschen Bundesstaaten (vgl. Bayr. Verf.Urkunde
Titel I $ 1), Württemb. Verf.Urkunde $ 4, Sächs. Verf.Urkunde
8 4), sprach demnach auch in Kurhessen die Vermutung für die
Berechtigung und Machtvollkommenheit des Landesherrn, er be-
saß alle diejenigen Befugnisse zu eigenem Recht, die ihm nicht
die Verfassungsurkunde ausdrücklich entzogen hatte.
Der weitere Verlauf unserer Darstellung wird uns Gelegen-
heit zur Nachprüfung geben, ob dieser oberste Grundgedanke und
Leitstern des konstitutionellen-monarchischen Staatsrechts allent-
halben von der Verfassungs-Urkunde streng beobachtet wurde.
Nach $ 11 durfte der Sitz der Regierung nicht außer Landes