Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 34 (34)

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und Schulsachen, sowie über milde Stiftungen. Nur folgende 
Befugnisse hatten sie sich bei Abtretung ihrer Regierungsrechte 
vorbehalten: das Recht zur Präsentation der Justizbeamten und 
der Aktuare bei den Untergerichten, den „Justizämtern“ (den 
heutigen Amtsgerichten vergleichbar), der Bezirksverwaltungsbe- 
amten (der Landräte) ihrer Standesherrschaften, der Physikatsärzte 
und der Pfarrer innerhalb ihrer Gebiete, das Kirchenpatronat, die 
niedere Polizei in den von ihnen bewohnten Schlössern mit den 
dazu gehörigen Gebäuden und Höfen wie Gärten, sowie endlich 
einige andere unbedeutendere Gerechtsame. Berücksichtigt man 
noch, daß die Standesherrn für den Verzicht auf alle ihre Regie- 
rungsrechte nur eine ganz geringfügige außer allem Werte zu 
den aufgegebenen Rechten stehende Geldrente empfingen, daß sie 
ferner von ihrem standesherrlichen Grundbesitz die halbe Grund- 
steuer zu entrichten hatten, so kann man die vertraglichen Zu- 
geständnisse der Standesherren an den Staat nicht anders als un- 
gemein weittragend bezeichnen. Die ihnen für immer zugesicherte 
Freiheit von Personal- und direkten Steuern aller Art kam kaum 
in Betracht, denn Kurhessen war ein so reicher Staat, daß fast 
alle Ausgaben aus den Einkünften des sehr großen Staatsver- 
mögens gedeckt werden konnten. So durfte Kurhessen — neben 
Baden und Württemberg — wohl den Ruhm für sich in Anspruch 
nehmen, als erster deutscher Staat seine Hoheit und Souveränität 
gleichmäßig allen seinen Staatsbürgern gegenüber durchgeführt 
zu haben. Nur doktrinäre Engherzigkeit und Prinzipienreiterei 
war es daher, wenn die Landstände wegen der geringfügigen den 
Standesherrn verbliebenen Vorrechte das Edikt nicht anerkannten. 
Zu einer eingehenderen Regelung der Rechte der Reichsritterschaft, 
die namentlich in der Provinz Hanau und in den Kreisen Hünfeld 
und Fulda stark vertreten war — hier blühten namentlich die ver- 
schiedenen Linien der Reichsfreiherrlichen Familie von der Tann 
— ist es dagegen ebensowenig gekommen, wie zum Erlaß der 
durch $ 50 verhießenen Statuten der althessischen — aus 77
	        
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