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der staatsrechtlichen Kompetenzen wurde eine in politisch beweg-
ten Zeiten nur zu leicht fließende Quelle von Konflikten der Land-
stände und der Staatsbehörden, namentlich der obersten, der
Staatsministerien, die sich natürlich ihren Einfluß auf den Gang
der Geschäfte bei den nachgeordneten Behörden nicht nehmen
lassen wollten und konnten, eröffnet. Man wird daher aner-
kennen müssen, daß in der Tat insoweit der $ 61 der VerfU.
gegen das Bundesrecht insbesondere die Art. 54, 57 und 58 der
Wiener Schlußakte verstieß. Zweifelhafter dagegen und richtiger
wohl zu verneinen ist dagegen die staatsrechtliceh hochbedeutsame
Frage, ob auch die Vereidigung der Offiziere auf die Verfassung
mit einem durch den Deutschen Bund gewährleisteten Charakter
aller deutschen Verfassungen als monarchisch-konstitutioneller,
mit dem Grundsatz der Vereinigung aller Staatsgewalt in der
Person des Monarchen im Widerspruch steht. Gewiß verknüpfte
den kurhessischen Offizier damals wie heute jeden preußischen,
bayrischen, sächsischen Offizier ein besonders enges und weit-
reichendes Band der Treue und der Unterordnung mit dem
Landesherrn als obersten militärischen Befehlshaber seines Heeres,
aber natürlich konnte und kann dieses Treu- und Unter-
ordnungsverhältnis nicht soweit führen, daß es im Widerspruch
zu den Geboten des obersten Staatsgrundgesetzes des Landes, der
Verfassung, führen könne. Nur in seiner Eigenschaft als ver-
fassungsmäßig regierender Monarch, als Organ des Staates, führte
der Kurfürst — ebenso wie die deutschen Landesherrn über-
haupt — den Oberbefehl über das Heer, kein höchst persönliches
Recht, gänzlich losgelöst von seiner staatlichen Organschaft übte
er im Oberbefehl aus, auch hier handelte er als staatlicher Funk-
tionär. Das moderne konstitutionelle Staatsrecht kennt keine
eigenen Rechte des Monarchen, die im Widerspruch zur Verfassung
ausgeübt werden könnten und dürften. Daß ein Monarch die
Bestimmungen der Verfassung seines Staates stets treu und
gewissenhaft beobachten werde, muß als selbstverständlich ange-