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Vertreter des Staates und der Landesherrschaft in den streitigen
Rechtssachen nicht der Ermächtigung irgend einer Verwaltungs-
behörde ($ 124). Dem Landesherrn stand das Recht der Be-
gnadigung und Strafmilderung zu, „derselbe wird bei der Aus-
übung der Begnadigung oder Abolition darauf Rücksicht nehmen,
daß dem wirksamen Ansehen der Strafgesetze nicht zu nahe ge-
treten werde“ ($ 126 Abs. 2). Sehr weitgehende Einschränkungen
des Begnadigungsrechts enthielten die beiden folgenden Absätze
desselben Paragraphen, wonach gerichtliche Untersuchungen wegen
Verfassungsverletzung oder wegen Dienstvergehungen von Beamten
niemals niedergeschlagen werden durften. Vorbildlich für diese
Bestimmungen war offensichtlich Art. 50 der Hessen-Darmstädti-
schen VerfU. vom 17. Dezember 1820. $ 128 verbot die allge-
meine Vermögenskonfiskation und $ 129 die Erteilung von Mora-
torien. Die im $ 130 verheißene Aufhebung der privilegierten
persönlichen Gerichtsstände wurde erst durch die Justizgesetz-
gebung im Jahre 1863 verwirklicht. Zu der im $ 131 verspro-
chenen Einrichtung von Familienräten zur Erledigung der „wich-
tigeren Angelegenheiten der Vormundschaften‘® ist es dagegen nie
gekommen.
Der 10. Abschnitt „Von den Kirchen, den Unterrichtsanstalten
und den milden Stiftungen“ räumte dem Staate hinsichtlich der
katholischen Kirche ein weitgehendes Aufsichts- und Bewachungs-
recht ein. Danach ($ 135) bedurften alle von dem Bischof (in
Fulda) und den übrigen katholischen Kirchenbehörden ausgehen-
den allgemeinen Anordnungen und Erlasse, „welche nicht reine
Glaubens- und kirchliche Lehrsachen betreffen oder durch welche
dieselben (d. h. die Geistliehen oder Diözesanen) zu etwas ver-
bunden werden sollen, was nicht ganz in dem eigentümlichen
Wirkungskreise der Kirche liegt, der Genehmigung des Staates
und können nur mit solcher kund gemacht und in Ausführung
gebracht werden.“ Aber selbst solche Erlasse der Kirchenbe-
hörden, die rein geistliche Gegenstände betrafen, mußten der