Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 34 (34)

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mittels erreicht werden oder er braucht es doch jedenfalls nicht. 
Es hängt stets vom Ermessen des anderen Staates ab, demgegen- 
über der Zwang zur Anwendung gelangt, ob er nachgeben will 
oder nicht, ob er die von ihm begangene Unbill bzw. unrecht- 
mäßige Handlung wieder gutmachen oder aber die ihm ange- 
drohten bzw. zuteil gewordenen Nachteile tragen will. Auch 
diese Unvollkommenheit des Völkerrechtszwanges beruht auf der 
Gleichberechtigung der Staaten, der völkerrechtlichen Rechts- 
subjekte. 
Die Eigenart des Völkerrechtszwanges mag im einzelnen 
später beleuchtet werden; vorerst sollen hier die verschiedenen 
Zwangsmittel als solche und ihr Verhältnis zu dem im nationalen 
Recht vorhandenen Zwange betrachtet werden. 
I 
Drei Arten der Selbsthilfe kennt das Völkerrecht: die Re- 
torsion, die Repressalie und den Krieg. Alle drei sind Mittel zur 
Erreichung irgend eines politischen Zweekes, und zwar Zwangs- 
mittel, d. h. Anwendung von physischer und psychischer Gewalt. 
Die Retorsion zunächst bedeutet die Anwendung einer Zwangs- 
maßregel seitens eines Staates, der sich dureh einen anderen un- 
billig behandelt fühlt. Sie besteht in der Ausführung der der 
widerfahrenen Unbill voll entsprechenden Maßnahme: der Inter- 
nierung der in England aufhaltsamen Deutschen folgte als Gegen- 
maßregel die Unterbringung sämtlicher im Deutschen Reich be- 
findlichen Engländer in Ruhleben. — Demgegenüber bedeutet die 
Repressalie die Erwiderung eines Unrechts mit irgend einer 
schädigenden oder gewaltsamen Handlung. Während also die Re- 
torsion das Vorliegen einer Rechtsverletzung nicht verlangt, 
ist dies unbedingte Voraussetzung für die Verwendung von Re- 
pressalien. Und wenn auch beiden gemeinsam ist, den Staat, der 
zuerst unbillig bzw. widerrechtlich handelte, zur Aufgabe seiner 
Haltung bzw. zum Ausgleich des von ihm verursachten Schadens
	        
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