Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 34 (34)

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kung, die eine kumulative Verwendung der weiteren Zwangsmittel 
verbietet? Ergibt nicht vielleicht die Natur des Krieges als des 
stärksten Zwangsmittels oder etwa allgemeine Sätze hierüber eine 
Beschränkung in der angedeuteten Richtung? Konsumiert nicht 
gar das stärkere Mittel das minder starke, so zwar, daß die Er- 
greifung einer Retorsionsmaßregel oder die Verwendung von Re- 
pressalien unmöglich erscheint, sobald zwischen den betreffenden 
Staaten bereits der Kriegszustand herrscht? 
Von alledem aber kann nicht die Rede sein! Weder existiert 
nach dieser Richtung irgend ein Gewohnheitsrecht, noch auch 
enthält das bestehende Kriegsrecht für diese Materie einschlägige 
Bestimmungen. Dies befaßt sich ja auch, wie erwähnt, ausschließ- 
lich mit den Arten und Formen der Kriegsführung, sucht unnö- 
tige Grausamkeiten und Unehrenhaftigkeiten derselben zu besei- 
tigen, getragen von dem utopistischen Gedanken, daß vielleicht 
sogar die völlige Eliminierung der Erscheinung des Krieges mög- 
lich wäre, keineswegs aber regelt es die Voraussetzungen für die 
Anwendbarkeit der völkerrechtlichen Zwangsmittel, nicht einmal 
für die des Krieges — abgesehen von einigen Formalitäten, wie 
etwa der Kriegserklärung oder der Stellung eines Ultimatums. 
Im übrigen aber findet es sich mit der Anwendung des Krieges 
als Zwangsmaßregel wie mit einem unabänderlichen Faktum ab; 
seine Bestimmungen gewinnen erst Leben mit dem Augenblick, 
in dem der beschlossene Krieg seinen Anfang nimmt. 
Ebensowenig ergibt sich aus der Natur des Krieges eine Be- 
schränkung für die gleichzeitige Anwendbarkeit der anderen 
Zwangsmittel. Staffeln sich auch die Arten völkerrechtlicher 
Selbsthilfe ihrer Intensität nach so untereinander, daß als 
schwächstes die Retorsion erscheint, als stärkstes der Krieg und 
in der Mitte die Repressalie steht, so stellt doch andrerseits jedes 
für sich eine völlig selbständige, in sich geschlossene Rechtsfigur 
dar, die sich gegenseitig ihrer rechtlichen Natur nach 
keineswegs ausschließen. Im Gegenteil: oft genug wird sich zei-
	        
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