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Kategorische und disjunktive Normen.
Von
Dr. RuDoLF LAUN, a. o. Universitätsprofessor in Wien.
Herkömmlicherweise teilt man in der Logik die Urteile nach
der „Relation“ zwischen Subjekt und Prädikat in kategorische,
hypothetische und disjunktive ein. Diese Einteilung hat in der philo-
sophischen Literatur namentlich seit KANT vielfach eine Bedeutung
gewonnen, welche über die eines formalen Einteilungsprinzips für
die Klassifizierung von Urteilen im logischen oder von Aussage-
sätzen im grammatikalischen Sinn weit hinausreichtt. Nun mag
man sich zu den von KANT aufgeworfenen Problemen wie immer
stellen, man wird jedenfalls mit der Erfahrungstatsache zu rechnen
haben, daß alle normal denkenden Menschen ihre Urteile, ihre
Aussagen über die Welt des Seienden außer in der kategorischen
auch in der disjunktiven, in der hypothetischen und, wie wir hin-
zufügen wollen, in der gleichzeitig disjunktiven und hypotheti-
schen Form abgeben und diese Formen gar nicht entbehren
können. Urteile oder Aussagen über Seiendes können folgende
Formen aufweisen:
1. S ist P (kategorisches Urteil im Sinne des herrschenden
Sprachgebrauchs):
2. Wenn B ist, so ist S P (hypothetisches Urteil) ;
3. S ist entweder P oder P, (oder P,..... ) (disjunktives
Urteil);