Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 34 (34)

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lichkeiten ergeben würde, weit hinaus und behauptet ohne nähere Be- 
gründung (S. 21 u. a.), daß bei der Titelverleihung das Amt, bei den 
Ordensverleihungen die amtliche Tätigkeit fingiert werde. Diese Fik- 
tion ist die Grundlage seiner Ausführungen. „Die Verpflichtung sich eines 
seiner Auszeichnung würdigen Verhaltens zu befleißigen, folgt wie bei dem 
Beamten aus seiner amtlichen Stellung, so bei dem Dekorierten daraus, 
daß mit der Verleihung eines Ordens auch die Tätigkeit als Staatsorgan 
fingiert wird“ (S. 60). Aus dieser Fiktion einer Quasibeamteneigenschaft 
zieht der Verf. etwas leichtfertig den Schluß, daß der Ausgezeichnete in 
seiner Stellung „als gedachtes Staatsorgan“ verbunden ist, an seinem Teil 
das staatliche Ansehen, das er selber mit repräsentiert, zu wahren. Daraus 
ergebe sich das Recht und die Pflicht des Staats, die Führung des Deko- 
rierten zu überwachen und gegebenen Falls Fehltritte zu sühnen, um da- 
durch sein eigenes verletztes Ansehen zu rehabilitieren. Insoweit also be- 
gründet die Verleihung einer Auszeichnung auch ein besonderes Gewalt- 
verhältnis (!) des Staats über den Ausgezeichneten, als dessen Ausfluß die 
Disziplinarstrafgewalt (in Preußen des Art. 17 der Ordenserweiterungs- 
urkunde v. 1810) sich darstellt. Da die Ausübung öffentlicher Funktionen 
bei dem Ordensinhaber und dem mit einem Ehrentitel Ausgezeichneten 
fingiert würde, so sei er auch zu einem entsprechenden Verhalten ver- 
pflichtet und es erscheine durchaus gerechtfertigt, ihn in dieser Hinsicht 
der Disziplinargewalt des Staats zu unterwerfen. Abgesehen von dem 
Falle, daß die Erteilung einer Ehrenauszeichnung auf Irrtum oder Betrug 
(Erschleichung) beruht und aus diesem Grunde für nichtig erklärt wird, 
stelle sich die Entziehung von Orden und Ehrentiteln als Verhängung einer 
Disziplinarstrafe dar S. 64. Die preuß. OEU. v. 1810, welche der 
Verf. als ein heut noch in voller Geltung stehendes Gesetz ansieht, bezieht 
sich allerdings nur auf Orden und Ehrenzeichen ; da der Verf. ihnen aber 
Ehrentitel völlig gleichstellt, so ist nicht abzusehen, warum die vom Verf. 
entwickelte Theorie von der Disziplinarstrafe nicht auch auf Ehrentitel 
Anwendung finden soll. Der Fall, welcher den Ausgang der ganzen Literatur 
über die in der vorliegenden Dissertation behandelte Materie bildet, be- 
traf ja grade eine Titelentziehung seitens des Herzogs von Anhalt. 
Die vom Verf. entwickelte Theorie ist unhaltbar. Sehr viele Ehren- 
titel und Orden, vielleicht die Mehrzahl, werden bei gewissen Gelegen- 
heiten Beamten verliehen. Diese stehen bereits in einem Gewaltver- 
hältnis zum Staat, in einem Öffentlichen Dienst, sind zu einem achtungs- 
würdigen Verhalten auch außerhalb des Dienstes gesetzlich verpflichtet 
und einer Disziplinargewalt unterworfen. Hier kann also die vom Verf. 
zugrunde gelegte Fiktion, daß durch Erteilung eines Ehrentitels oder 
Ordens eine Quasibeamtenstellung begründet werde, überhaupt nicht Platz 
greifen. Der zum Geh. Justizrat oder Geh. Regierungsrat ernannte oder mit 
einem Orden dekorierte Beamte kann doch nicht neben seiner wirklichen,
	        
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