— 182 —
Verf. nicht bewiesen, ja nicht einmal zu beweisen versucht. Denn mit
seiner Behauptung, Verbote und Androhungen seien eine Verletzung der
Souveränität, ist die Frage nicht erledigt. Lehnt man aber auch das in
der Völkerrechtswidrigkeit der Monroedoktrin gipfelnde Endergebnis des
Verf. ab, so muß doch der hohe wissenschaftliche Wert der Untersuchungen
im ganzen anerkannt werden.
Neuestens hat die Monroedoktrin durch das Vorgehen der Japaner in
der mexikanischen Schildkrötenbucht einen heftigen Stoß erlitten.
Der Verf. hat es vermieden, eine politische Ansicht über die Monroe-
doktrin zu äußern. Die Verquickung von Recht und Politik in einer juri-
stischen Untersuchung ist freilich von Uebel. Das hätte aber natürlich den
Verf. nicht gehindert, der juristischen Untersuchung eine politische Wür-
digung folgen zu lassen.
Das politische Urteil kann nicht zweifelhaft sein. Die Monroedoktrin
ist längst ein Götze geworden, vor dem alle Amerikaner auf den Knien
liegen. Die Vertretung der amerikanischen Union im Haag 1899 hatte bei
der Anmeldung ihres Vorbehalts zum friedensrechtlichen Abkommen aber
auch ein schlechtes Gewissen; und als die amerikanische Klausel anstands-
los zu Protokoll genommen war, hatte der Bevollmächtigte White, wie er
selbst später versicherte, das Gefühl einer großen Erleichterung‘.
Für die Politik der Vereinigten Staaten bedeutet sie die Gefalır einer
schulmeisterlichen Verknöcherung. Die Würdigung der konkreten Bedürf-
nisse tritt hier leicht hinter der formelgerechten Prüfung zurück, ob die
Monroedoktrin verletzt ist. Dabei leidet die Monroedoktrin in ihrer Fas-
sung von 1823 an einer unjuristischen Redseligkeit und auffallenden Un-
bestimmtheit, welche der Deckmantel für die ehrgeizigsten Forderungen
werden konnte. Die Monroedoktrin entsprang dem begreiflichen Wunsch
eines jungen Staates, sich Verwicklungen vom Leib zu halten und ein un-
gestörtes Innenleben zu führen. Wenn man aber von der Berührung mit
Europa geradezu eine politische Infektion befürchtete und zwischen der
alten und der neuen Welt ein Feuermeer wünschte, so muß bemerkt wer-
den, daß einesteils — und zwar unter dem bestimmenden Einfluß der
Monroedoktrin selbst — auch in Europa die Interventionspolitik mitsamt
den legitimistischen Ideen abgetan sind, aber andernteils auch die ame-
rikanische Selbstgenügsamkeit ein Phantom geworden ist. Die Meere
Kenntnisnahme genommen wurden, bedeutet keine Anerkennung. (A. M.
Max HUBER, „Gemeinschafts- und Sonderrecht unter den Staaten“: Fest-
schrift für O. GIERKE, S. 381, und HEıinkıcH POHL, „Der Monroevorbehalt“
Festschrift für KRÜGER S.463£.) Die völkerrechtlichen Vorbehalte gehören
zu den nichtannahmebedürftigen Erklärungen.
° Vgl. H. Pour, Der Monroe-Vorbehalt in der Festschrift für KRÜGER,
S. 455.