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vermittelt. Man braucht z.B. nur an die hannöversche Landesuniversität und
ihre Bedeutung für die deutsche Staatsrechtslehre zu denken. Verf. selbst
weist auf die Darstellung von ACHENWALL hin. Die englische Verfassung ist
auch gelegentlich erwähnt: in dem 1. Abschnitt über „altständisch und reprä-
sentativ‘; da ist sie aber ebensowenig am Platze wie die ebenfalls dort be-
handelten französischen Verfassungen bis 1815. Sie ist vielleicht ein wich-
tiges Mittelglied — für Nassau z. B. spricht die Darstellung des Verf. sehr
dafür —, jedenfalls aber mußte sie sowohl von den modernen konstitutio-
nellen Verfassungen als besonders von den altständischen deutschen und
den französischen Verfassungen scharf geschieden werden. Unter diesen
wiederum bedurften natürlich auch diejenigen der Revolution einer absoluten
Trennung von den napoleonischen. Ueberhaupt ist leider dieser ganze
Abschnitt, der als Grundlage der späteren Untersuchung des eigentlichen
Themas angelegt ist, sowohl in dieser Anlage als in seinem Inhalt trotz
der anerkennenswerten Sauberkeit der Arbeit (hierhin rechne ich besonders
den ebrlichen, ausdrücklichen Verzicht des Verf. auf den Anspruch origi-
naler Forschung) ziemlich mißglückt. In der Anlage fehlt die Verbindung
zwischen den einzelnen Ergebnissen dieses ersten Teils und denjenigen
des zweiten. Im Inhalt ist nicht nur die Vermengung der Institutionen
der altständischen Verfassung mit denjenigen der englischen und der
französischen seit der Revolution, besonders der republikanischen, gänzlich
verfehlt, sondern auch die Schilderung der Institutionen der ständischen
Verfassung selbst durfte unter keinen Umständen unterschiedslos auf Dar-
stellungen der eigentlichen ständischen Verfassung (14.—17. Jahrhundert)
und solche des Staatsrechts aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts
aufgebaut werden. So hat Verf. nur das von den neueren Historikern
und Rechtshistorikern (BELOW, SPANGENBER@ und vor allem GIERKE und
RACHFAHL) klar herausgearbeitete Bild der eigentlichen ständischen Ver-
fassung verwischt, und für die ständischen Einrichtungen im Staatsrecht
des 18. Jahrhunderts hat er ebenfalls eine klare zusammenfassende Ueber-
sicht, die wir wohl brauchen könnten, trotz der sorgsamen Exzerpierung
MosERs nicht zu geben vermocht. Uebrigens ist gerade MOSER gegenüber,
von dessen zahlreichen Werken noch manche andere außer „v. d. Teutschen
Reichs-Stände Landen“ heranzuziehen wären, besondere Vorsicht geboten:
wir kennen die programmatischen Auffassungen Mosers über den Wert
der ständischen Mitregierungsrechte, die ihn häufig allgemeine Sätze auf-
stellen lassen mit dem nachträglichen Vermerk, daß diese zu seiner Zeit
fast nirgends positive Geltung haben.
Für die Betrachtung der einzelnen Verfassungen, denen Verf. den
zweiten Abschnitt widmet, scheint mir besonders die klarere Herausarbei-
tung der rechtlichen Begriffe wünschenswert; doch soll ohne weiteres zu-
gestanden werden, daß die zu geringe Beteiligung der Staatsrechtslehre
an der Bearbeitung der Materie die nicht ganz befriedigenden juristischen