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wird. Ihre Berechtigung liegt vielmehr darin, daß sie dem Verfasser Anlaß
und Mittel zu einer scharfsinnigen und fruchtbaren Kritik der bestehenden
Begriffe bietet.
Bamberg. Ferdinand Stauffer.
Carl Wilhelm Lütkemann, Notar in Hannover. Justiznotariat
oderUrkund- und Friedensämter. Eine prozeßvorbeugende
Schrift mit zahlreichen römisch- und deutsch-rechtlichen Quellen-
stellen, auch einem Blick auf das Ausland für Juristen, Schieds-
männer und Laien. Hannover 1913. Helwingsche Verlagsbuchhand-
lung. VIII und 185 S. Broschiert Mk. 4.50.
An die Spitze seiner Schrift stellt LUETKEMANN den Satz der Preußi-
schen Allgemeinen Gerichtsordnung Friedrich Wilhelms II:
„Auch bei der zweckmäßigsten Behandlung bleiben Prozesse wegen
des nachteiligen Einflusses, welchen sie nicht nur auf die Glücksumstände,
sondern auch auf den sittlichen Charakter der Parteien haben können,
stets ein in der bürgerlichen Gesellschaft möglichst zu vermeidendes
Uebel.“
Den Mitteln, das Uebel des Prozesses durch friedliche Beilegung des
Rechtsstreites zu ersetzen, sind seine Ausführungen gewidmet. Sie ver-
folgen das gerichtliche und das außergerichtliche Güteverfahren durch das
römische und das deutsche Recht von den ältesten Zeiten bis zur Gegen-
wart, schildern dann das Güteverfahren in Deutschland nach geltendem
Reichs- ‘und Landesrecht, geben das Wissenswerteste aus dem Gütever-
fahren Oesterreichs, Italiens, der Schweiz, Frankreichs und Dänemarks
und enden mit einer Besprechung der Mängel unserer heutigen deutschen
Einrichtungen und Vorschlägen für ihre Beseitigung. Der Vorschlag, dem
die Schrift den Namen verdankt, ist: Ein selbständiges Notariat zu schaffen
und diesem unter anderm auch das Güteverfahren zuzuweisen unter Bei-
behaltung einer beschränkten Zuständigkeit der Schiedsmänner, deren Ver
fahren neu zu regeln ist.
LUETKEMANN erbringt den Beweis, daß die möglichste Förderung des
Güteverfahrens ein vor allem im deutschen Recht von jeher lebendiger
Gedanke war und daß sich dieser Gedanke leicht mit außerordentlichem
Erfolge in die Tat umsetzen läßt und zwar mit weit besserem, als ihn die
bestehenden deutschen Einrichtungen erzielen. Insbesondere wird zahlen-
mäßig dargetan, daß die Schiedsmannsordnung so gut wie völlig versagt
hat. LUETKEMANN zählt ungefähr ein Dutzend Mängel der Schiedsmanns-
ordnung auf. Wenn er als Hauptgrund des Versagens der Schiedsmänner
deren Befugnis verantwortlich macht, die Ausübung ihres Amtes abzulehnen,
wenn ihnen die Sache zu weitläufig oder zu schwierig dünkt, so gebe ich
ihm zwar darin recht, daß dies mit ihrer regelmäßig vorliegenden Rechts-