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unkenntnis zusammenhängt. Ich glaube aber nicht, daß es die Scheu vor
einer solchen Ablehnung ist, die das Publikum von ihnen fernhält. LUETKE-
MANN gibt ja selbst zu, daß einem großen Teil des Publikums und sogar
einem Teil der Schiedsmänner selbst die Befugnis, überhaupt privat-
rechtliche Streitigkeiten zu vermitteln, unbekannt ist. Der Grund dieser
Scheu dürfte ein anderer sein. Das große Publikum sieht es zwar gern,
wenn über Rechtsangelegenheiten Laien mit entscheiden. Denn es bringt
aus hier nicht zu erörternden Gründen den Begriffen und Schlußfolgerungen
des Berufsjuristen ein gewisses Mißtrauen entgegen und hofft im Innersten,
der Laie werde sich durch diese Begriffe und Schlußfolgerungen nicht un-
bedingt bestimmen lassen. Umgekehrt liegt die Sache beim Güteverfahren.
Wer sich vergleichen soll, will zuerst wissen, was er nach der Rechtslage
fordern kann, also durch eine gerichtliche Entscheidung wahrscheinlich
zugesprochen erhalten würde. Das Gefühl, das den Laien als Richter er-
wünscht macht, macht ihn als Berater unerwünscht: Gerade weıl der Laie
die Gedankengänge des Berufsjuristen nicht mitdenkt, kann er auch nicht
voraussehen, was das aus Berufsjuristen gebildete Gericht zubilligen oder
versagen würde.
Eben deshalb halte ich aber den Vorschlag des Verfassers für richtig,
die Leitung des Güteverfahrens einem im Solde keiner Partei stehenden,
mit keinem Entscheidungsrecht ausgestatteten rechtskundigen Beamten zu
übertragen. Dadurch würde neben dem Vertrauen des Publikums die mög-
lichst weite Verbreitung von Rechtskenntnissen, die ihrerseits wieder pro-
zeßvorbeugend wirken würde, gewonnen. Denn der Rechtskundige würde
die Parteien unter Belehrung über ihre Rechte und Pflichten zur Einigung
bringen.
Ueber die Geschäfte, deren Erledigung neben dem Güteverfahren dem
rechtskundigen Justiznotar noch zustehen sollen, bringt der Verfasser ins
Einzelne gehende Vorschläge. Der Notar soll insbesondere die Auflassung
von Grundbesitz bekunden. Um dem — nach den Erfahrungen in Bayern
nicht begründeten — Einwand zu begegnen, das Grundbuch könne dadurch
leicht mit den wirklichen Besitzverhältnissen in Widerspruch geraten, soll
der Notar eine Abschrift des Grundbuches erhalten, von allen Eintragungen
Mitteilung bekommen und es nach diesen Mitteilungen auf dem Laufenden
halten.
M. E. würde dieses Verfahren zunächst eine große Belastung des Grund-
buchamtes mit Schreibwerk herbeiführen. Völlig würde das vom Notar
geführte Grundbuch nur dann der in Grundbuchsachen nötigen peinlichen
Genauigkeit genügen, wenn alle Einträge in dem gerichtlichen Grundbuch
dem Notar wörtlich mitgeteilt und von ihm wörtlich übertragen würden
Das wäre vielleicht möglich, wenn jedem Notar nach dem Vorschlage des
Verfassers ein Grundbuchbezirk in ausschließlicher Zuständigkeit überwiesen
würde. Die Durchführung dieses Vorschlages würde aber auf den lebhaf-