Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 34 (34)

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Problem ein ganz besonderes Interesse. Denn die Herrschergewalten, die 
einer Verfassung entbehren, sind regelmäßig diejenigen, welche in einem 
anormalen Verlauf der Ereignisse an die Stelle einer früheren Herrscher- 
gewalt getreten sind, mögen sie nun das vorangegangene Regime gestürzt 
oder eine Vakanz ausgefüllt haben. Solche Gewalten sind aber durch die 
Umstände gezwungen, sich mit dem Problem der Legitimität auseinander- 
zusetzen und einen Titel ihres Rechtes aufzustellen, Sie können nicht, wie 
mit Verfassung begabte und daher gewöhnlich seit längerer Zeit bestehende 
Gewalten das Problem meiden und sich auf die Heiligkeit des Hergebrachten 
berufen. Die Frage der Legimität ist bei ihnen sehr aktuell 2. 
Die Arbeit zerfällt nun in zwei große Teile. Der erste behandelt die 
Geschichte der Doktrinen über die Legitimität der Herrschergewalt vom 
Mittelalter bis auf den heutigen Tag. Das letzte Kapitel enthält die Theo- 
rien von SAINT SIMON, AUGUSTE COMTE, SAVIGNY, BLUNTSCHLI, JHERING, 
PROUDHON, TAINE, COURCELLE-SENEUIL, dE VAREILLES-SOMMIERES, DUGUIT 
und berichtet auch über die Auffassungen der Päpste des 19. Jahrhunderts. 
Der zweite Teil verfolgt die politischen Umwälzungen, die in Frankreich 
von 1789 bis 1871 stattgefunden haben und prüft eine jede neue Regierung 
daraufhin, ob sie faktischer Natur ist und auf welchen Titel sie in solchem 
Falle ihre Legitimität gründet. 
Die historische Untersuchung über die Doktrinen bringt folgendes Er- 
gebnis: Es gibt eine erste Kategorie von Systemen, welche die Legitimität 
der Herrschaft aus der Souveränität des Volkes herleiten und diese Souverä- 
nität ihrerseits auf das natürliche Recht der Freiheit gründen. Es gibt eine 
„weite Kategorie von Systemen, welche die Herrschaft aus der Notwendig- 
keit des staatlichen Lebens rechtfertigen. Und endlich eine dritte Kate- 
gorie, welche Gedanken der ersten und der zweiten Art miteinander ver- 
bindet. 
Es ist mir nicht möglich, in dem Rahmen, der zur Verfügung steht, 
nur annähernd den Inhalt der reichhaltigen und überaus interessanten 
Studien von GAUDU wiederzugeben. Ich glaube, ich werde den Charakter 
seiner wissenschaftlichen Arbeit am besten kennzeichnen, wenn ich einige 
® So wenigstens verstehe und ergänze ich den Verfasser. „le gou- 
vernement de fait nait dans des circonstances telles que l’on peut discuter 
ses droits non seulement dans les rapports entre gouvernants et gouvernes, 
mais encore dans ses rapports avec le gouvernement precedent. Si le 
gouvernement de fait est ce qu’il est, si aucune loi ne le r&glemente, c’est 
qu'il a renverse un autre gouvernement ou du moins s’est substitue & lui 
en dehors des voies reguliöres et pr&vues, le cas etant tr&s exceptionnel 
d’un gouvernement qui, n& sans le concours de son predecesseur, possede 
une constitution toute pr&te & fonctionner d&s le premier instant de son 
existence,*
	        
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