Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 34 (34)

— 240 — 
schäfte“ bezeichnet werden. Auch diese Rechtsgeschäfte können als 
solche keine Pflichten und Rechte begründen (vgl. KELsen, Hauptpro- 
bleme, S. 550), wobei es gleichgültig bleibt, wer solche Rechtsgeschäfte 
eingeht, ob Privatpersonen oder der Staat selbst (als Rechtsperson;; a contr. 
Träger der Rechtsordnung). Gleichgültig ist ferner, ob sie juristisch per- 
fekt werden durch den consensus der beteiligten Personen oder ob die 
Rechtsordnung in gewissen Fällen schon an die einseitige Statuierung eines 
solchen Rechtsgeschäftes rechtliche Folgen (d. h. Pflichten und Rechte) 
knüpft. Als Beispiel dieses letzteren Falles kann der sog. „Verwaltungs- 
akt“ gelten, der in der neueren Theorie ganz zutreffend als eine species 
des genus „Rechtsgeschäft“ angesehen wird, den jedoch die noch tief im 
polizeistaatlichen Gesichtskreise befangene deutsche Verwaltungsrechts- 
wissenschaft noch immer als selbständige Rechtsquelle betrachtet. Verträge 
unter Privaten haben bekanntlich sehr oft ganz die äußere Form von 
Rechtssätzen (Gesetzen) — ein in Paragraphe gegliederter Inhalt usw. —, 
trotzdem wird man jedoch gewiß nicht alle Kauf-, Pacht-, Miet- und son- 
stigen Verträge resp. deren Inhalt als Bestandteile der Rechts- 
ordnung ansehen; dasselbe gilt von Verwaltungsakten, die in der Form 
von Konzessionen, Lizenzen usw. erscheinen. 
Bezüglich der in Rede stehenden Frage ergeben sich nun die Konse- 
quenzen der KrLsenschen Rechtslehre von selbst. Man muß sagen: Nur 
dann, wenn internationale Verträge in Gesetzesform 
erscheinen, sind sie als Bestandteile der Rechtsord- 
nungen,d.h.alsRechtsnormen der beteiligten Staaten 
anzusehen. Nur dann kann man in formaljuristischem Sinne von einer 
Völkerrechtsordnung sprechen. Wenn diese formale Bedingung 
nicht gegeben ist, dann sind diese Verträge ganz ebenso wie alle anderen 
Rechtsgeschäfte in Relation zur Rechtsordnung lediglich rechtlich re- 
levante Tatbestände. Und nur im ersten Falle erscheint der den 
internationalen Vertrag schließende Staat als Träger (d. h. Quelle) der 
durch ihn statuierten Normen, während er im zweiten Falle als eine seiner 
Rechtsordnung unterworfene Rechtsperson zu gelten hat, welche, wie jede 
andere, Verträge schließen kann. Beide Konstruktionen schließen sich 
® Es ist von großer Wichtigkeit und nur konsequent, dies auch bezüg- 
lich der sog. „delegierten Verordnung“ nicht zu tun, und man muß daher 
mit dem Gedanken KELSENs, wonach „der Sıtz aller Rechtssätze, die ma- 
teriell ihren Inhalt von der delegierten Verordnung erhalten, formell in das 
ermächtigende Gesetz zu verlegen“ ist (Hauptprobleme, S. 557), sehr vor- 
sichtig umgehen, da eine derartige „Verlegung“ ebenso gut in anderen 
Fällen denkbar ist, z. B. bei einer von einem Gewerbetreibenden in seiner 
Fabrik zu verlautbarenden Arbeitsordnung ($ 88a der österr. Gewerbe- 
ordnung), bei jedem Testamente und zweiseitigem Vertrage usw.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.