Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 34 (34)

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deutschen Reichstag. Vgl. sten. RTBer. 1913 8. 4489 ff. Auf 
der anderen Seite erstanden lebhafte Gegner, die zwar den vom 
Oberlandesgericht in Colmar ausgesprochenen und angewandten 
materiellen Rechtsgrundsätzen nichts stichhaltiges entgegenzusetzen 
wußten, die aber mit den Entscheidungen unzufrieden waren. Auch 
da, wo diese Unzufriedenheit sich nicht, wie in einem Teile der 
elsaß-lothringischen Presse, in wüsten Beschimpfungen des Gerichts 
und Entstellungen äußerte, die auch in der zweiten Kammer des 
Landtags eine Fortsetzung erfuhren!, verrieten doch die Leidenschaft- 
lichkeit der Bekämpfung ebenso wie die geltend gemachten Gesichts- 
punkte — so z. B., wenn auf die mangelnde parlamentarische Erfah- 
rung der Richter hingewiesen wurde in einer Angelegenheit, die ge- 
rade vom Macht- und Parteigewicht der Politik losgelöst und auf 
den Boden des Rechts gestellt werden sollte! —, daß hier der 
Parteigeist das Wort führte. In die solcher Gestalt gefülırte 
Diskussion einzugreifen, mußte der Richter selbst sich naturge- 
mäß versagen. Fernhalten von Parteipolitik ist, auch wenn man 
nicht schon allgemein für die Richter eine solche Zurückhaltung 
am Platze halten wili, jedenfalls dann geboten, wenn der Richter 
berufen ist, unabhängig und unvoreingenommen politische Wahlen 
zum Gegenstand seiner Prüfung und Entscheidung zu machen. 
Es stand deshalb, wie ich schon an anderer Stelle ausgesprochen 
habe, auch mir als Vorsitzendem des Senats, der die Entschei- 
  
  
ı Eine interessante Beleuchtung erfuhren die damaligen Angriffe durch 
die dankenswerte und lehrreiche Abhandlung „Richter und Parla- 
ment“, welche im Bd. 29 dieser Zeitschrift S. 283 ff. Prof. Dr. A. MEn- 
DELSSOHN BARTHOLDY über englische Verhältnisse gebracht hat. Wir 
Deutschen haben wahrhaftig keine Ursache, englische Usancen zu be- 
staunen, und manch Einem, der es in den letzten Jahren liebte, uns eng- 
lische Einrichtungen und Sitten als vorbildlich vor Augen zu halten, wer- 
den inzwischen die eigenen Augen aufgegangen sein. Aber um so be- 
schämender ist es, zu sehen, wie in England, wenigstens im Parlament, 
die Ehre der Gerichte geschützt wird (vgl. insbes. S. 305 ff., 330 ff. der an- 
gef. Abhandlung). Daß auch in dieser Hinsicht Ehren-Churchill seine 
eigenen Pfade wandelte (S. 314 ff.), verdient heute besonderes Interesse.
	        
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