Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 34 (34)

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schen im Reiche. Alle Deutschen in beiden Ländergebieten haben 
jetzt ganz erkannt, daß sie Brüder sind, und werden es nicht 
wieder vergessen. Ein solches starkes nach Vereinigung drängen- 
des Volksempfinden ist, wie die ganze neuere Geschichte gelehrt 
hat, eine politische Tatsache von ausschlaggebender Bedeutung, 
eine gestaltende Triebkraft, die sich allen Hemmnissen zum Trotze 
durchsetzt. Weise Staatskunst wirkt in der Richtung dieses 
Strebens, nicht ihm entgegen. Uebertreibungen und Ueberstür- 
zungen fern haltend und die jeweilig erreichbaren Ziele fest im 
Auge bewährt sie sich als die leitende und regulierende Macht. 
Auf Vereinigung nur mit dem Deutschtum in Oesterreich, 
also auf Zerteilung dieser Monarchie zu drängen, das wäre viel 
zu viel und zugleich viel zu wenig verlangt. Wir müssen auch 
in Zukunft das ganze ÖOesterreich-Ungarn zum Bundesgenossen 
nehmen. Wie könnte dieses Reich einen Bund eingehen, mit dem 
sein Zerfall besiegelt, der Bürgerkrieg in ihm entfesselt wäre? 
Einer solchen rein deutschen Vereinigung in extremer Durch- 
führung des Nationalitätsprinzips erwüchsen ja sofort in den 
bundesfrei belassenen nichtdeutschen Provinzen Oesterreichs neue 
Gegner im Anschluß an die mächtigen Feindschaften, mit denen 
wir ohnehin auf lange hinaus zu rechnen haben. Es erübrigt 
sich, die starke nationale Mischung in weiten Gebieten Oester- 
reichs und die unübersteiglichen Schwierigkeiten, die das be- 
stehende Staatsrecht Oesterreich-Ungarns dem Teilbündnis in den 
Weg legen würde, noch besonders zu betonen. Das Wesen unserer 
Allianz ist nicht Zusammenschluß einer in zwei Staaten gespal- 
tenen Nation, sondern die Verbindung eines Nationalstaats und 
eines Nationalitätenstaats. 
Der österreichischen Politik ist die wahrlich nicht leichte 
Aufgabe gestellt, den Gegensatz der Nationalitäten nach Möglich- 
keit ausgleichend zu überwinden und übertriebenem Selbständig- 
keitsstreben der Teile gegenüber die Einheit des Ganzen zu be- 
haupten. Mit einer Parteinahme der Regierung im deutschen,
	        
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