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magyarischen usw. Sinne wäre den auflösenden Tendenzen die
Bahn frei gegeben. Der besonnene Politiker, mag auch das
deutsche Bewußtsein in ihm noch so mächtig sein, kann nimmer-
mehr der österreichischen Staatsleitung eine solche Haltung zu-
muten. Die denkbar stärkste und eine in den Konsequenzen für
die Monarchie selbstmörderische Begünstigung ihrer deutschen
Bestandteile aber läge in dem Abschluß eines auf sie beschränkten
Bündnisses mit dem Deutschen Reiche.
Die Waffenbrüderschaft im Weltkriege muß bei unsern öster-
reichischen Freunden den letzten Rest bitterer Empfindungen ge-
tilgt haben, der im Hinblick auf Königgrätz, auf die kriegerische
Lösung des einstigen Zusammenhangs, vielleicht noch — halb
unbewußt — sich erhalten hatte. Eine der härtesten unter den
harten Tatsachen der Geschichte ist es, daß ein Bruderkrieg not-
wendig werden kann zur Ueberwindung unhaltbar gewordener
staatlicher Zustände. Nur als eine schmerzlich-heilsame Kur, die
dem unerträglich gewordenen, jede gesunde Weiterentwickelung
hemmenden Dualismus ım Bunde ein Ende machte, nicht mit
dem Ziele, den Gegner zu schädigen, ihm Land und Leute abzu-
gewinnen, hat Bismarck die kriegerische Auseinandersetzung von
1866 sich vollziehen lassen. Die Frucht des Kampfes war, daß
an Stelle des ohnmächtigen, in die beiden Großmächte und zahl-
reiche Mittel- und Kleinstaaten gespaltenen deutschen Bundes
zwei kraftvolle Reiche erwachsen konnten, jedes nach eigenem
Gesetz sich entwickelnd und zugleieh durch Tradition und die
Gestaltung der europäischen Gegensätze und Machtverhältnisse
berufen, der beste Freund des andern zu sein. „Die Streitfrage
ist entschieden, jetzt gilt es die alte Freundschaft mit Oesterreich
wieder zu gewinnen“: mit dieser Empfindung und diesem Vorsatz
hat Bismarck, weit entfernt von Siegesüberhebung, in bewunde-
rungswürdiger Mäßigung und Einsicht den Ausgang von König-
grätz begrüßt.
Nur äußerliche Betrachtung kann in dem Ausscheiden Oester-
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