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Sollte vielleicht HATSCHEK etwa aus der Anwendung des Wor-
tes „Urteil“ folgern wollen, daß LABAND dabei an ein kontra-
diktorisches Partei-Verfahren denke, weil in Zivilprozessen das
Urteil in der Regel der Abschluß eines Partei-Streitverfahrens
ist? Aber LABAND spricht ja ausdrücklich von dem materiellen
Charakter der Entscheidung und erläutert, was er unter dem Ur-
teil versteht: eine Entscheidung nach den Grund-
sätzen des Rechts und der Billigkeit. Genau das-
selbe Postulat hat LABAND schon im Jahre 1886 mit vollem
Recht aufgestellt, da er im Bd. 1 des Arch. £. öff. Recht S. 2265
bei einer Besprechung zweier Werke von JELLINEK und von
JAQUES über Wahlprüfung und Wahlprüfungsgerichtshof für den
von den Genannten ausgesprochenen „unumstößlichen Satz“ ein-
trat, „daß die Entscheidung, ob eine konkrete Wahl nach Maß-
gabe der positiven Gesetze gültig oder ungültig ist, ihrem
materiellen Inhalte nach ein richterliches Urteil ist“. Von
den Verfahrensformen, in denen die Untersuchung sich zu be-
wegen hat, hat auch damals LABAND nicht gesprochen und es
bestand auch kein Anlaß dazu. Wenn HATSCHEK etwa aus
dem von LABAND sehr richtig gebrauchten Worte „Urteil“ für
seine irrige Behauptung etwas folgern will, so wäre dies um so
grundloser, als gerade er mit der Verwendung der Bezeichnung
„Urteil“ für Erklärungen und Entscheidungen, die weder prozessual
noch materiell Urteile sind, und denen er an anderen Stellen
seines Buches die Urteilseigenschaft ausdrücklich ab-
spricht, außergewöhnlich — nennen wir es: — weitherzig ist.
Bekanntlich haben die Reichstags-Abteilungen die
formale Legitimation der Abgeordneten zu prüfen. Ihre Tätig-
keit „ist kein richterliches Geschäft“ (HATSCHEK S. 526), „auch
nicht eine Vorbereitung richterlicher Tätigkeit, wie die Tätigkeit
der Wahlprüfungskommission“ (ebenda), die Abteilung „übt Legiti-
mationsprüfung, nicht Wahlprüfung aus, einen Beurkundungsakt,
keine richterliche Tätigkeit“ (S. 526/7). Ihre Tätigkeit der for-