Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 34 (34)

— 1 — 
Neutralität wäre Eingriff in die Souveränetät des Nachbarstaats 
und nur geeignet den Hader zu nähren und schwerste Mißstim- 
mung zu erzeugen. Es braucht nur an die eine Tatsache erinnert 
zu werden, daß die Magyaren den Reichsdeutschen keineswegs 
abgeneigt sind — und die nun bewiesene treue Waffenhilfe dürfte 
das Verhältnis aufrichtiger Sympathie ergeben haben —, während 
ihre Beziehung zu den Deutschen in Oesterreich bisher nicht die 
beste gewesen ist: würde nun unsere Politik den Magyaren gegen- 
über die Partei der deutschen Landsleute nehmen, so erzielten 
wir nur eine Verschärfung des bedauerlichen Gegensatzes, dessen 
allmähliche Vermittelung doch dringend anzustreben ist, und 
würden die eigene gute Beziehung zu den Magyaren verderben. 
Unser Bündnis mit Oesterreich kann sich nicht verdichten zu 
einem beide Reiche vereinigenden Gemeinwesen, möchte dabei an 
einen Bundesstaat oder an die losere Form eines Staatenbundes 
mit völkerrechtlicher Persönlichkeit gedacht werden. Wer ein 
solehes Ziel in absehbarer Zeit für erreichbar erachtete, bewiese, 
daß an ihm die Lehren der Geschichte spurlos vorbeigegangen 
wären. Denn gerade der Dualismus zweier Großstaaten war es, 
der den alten Bund unheilbar belastet hat und bei Steigerung 
zum Bundesstaate vollends beide Teile um ihre gesunde Fortent- 
wickelung und ihre Bewegungsfreiheit bringen müßte. Ein Wagen 
vorn und hinten bespannt bleibt stehen oder kommt doch nur 
ruckweise, bald vorwärts, bald rückwärts unter Vergeudung der 
Zugkräfte und unter ärgerlichstem Streite der Lenker von der 
Stelle. Frommen kann allein ein völkerrechtliches Bündnis, 
das den gemeinsamen Interessen ein Zusammenwirken mit vollster 
Kraft gewährleistet, im übrigen aber jedem Teile seine Freiheit 
beläßt. Das so gesteckte Ziel schließt nicht aus, fordert sogar, 
daß beide Staaten im Einvernehmen miteinander die Einrichtungen 
durchführen, die zum vollwirksamen Schutze der gemeinsamen 
Interessen nötig oder doch nützlich sind. 
Es ist bekannt, daß Bismarck (Gedanken und Erinnerungen II
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.