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der formellen Gesetzgebung überwiesen hätten, so wären doch
kraft eines feststehenden Gewohnheitsrechtes Rechtssätze, die aus
der Autonomie hervorgehen, ausdrücklich ausgenommen. Denn
es ist gerade das Wesen der Autonomie, daß ihre Rechtssätze
nicht auf der staatlichen Gesetzgebung beruhen.
Träger dieser Hausgesetzgebung wurde mit dem Untergange
des alten Reiches, der den Mitgliedern des landesherrlichen Hauses
die Reichsunmittelbarkeit entzog, der Landesherr.
Der entscheidende Gesichtspunkt war dabei allerdings, daß
die Mitglieder des landesherrlichen Hauses mediatisiert, d. h.
Untertanen des Landesherren wurden. Für seine Untertanen konnte
aber der Landesherr Verordnungen erlassen, soweit er durch
ständische Mitwirkung nicht gebunden war.
Aber auch soweit einzelne Mitglieder des landesherrlichen
Hauses sich der Staatsangehörigkeit ihres Landesherren entzogen
hätten, blieben sie doch seiner Hausgewalt unterworfen. Und
die Hausgesetzgebung ist nicht nur Ausfluß der Staatsgewalt,
sondern auch der allerdings mit der Staatsgewalt untrennbar ver-
bundenen Hausgewalt. Ist die Hausgesetzgebung einmal auf den
Landesherren übergegangen, so gilt sie auch für die Mitglieder
seines Hauses, die nicht seine Untertanen sind, soweit sie sich
nicht durch Entsippung überhaupt aus der Hausgemeinschaft ge-
schieden haben.
Es ist nun begreiflich, daß ein neuer, aus den veränderten
Rechtsverhältnissen erwachsener Rechtsgrundsatz sich nicht ohne
weiteres glatt durchsetzt, sondern mit den älteren Rechtsan-
schauungen zu kämpfen hat. So ist es auch der landesherrlichen
Hausgesetzgebung gegenüber dem von den Agnaten seit alters
beanspruchten Zustimmungsrechte ergangen.
Zur Verdunkelung des neuen Rechtsgrundsatzes trug es
wesentlich bei, daß tatsächlich vielfach die Zustimmung der
Agnaten eingeholt wurde, obgleich es rechtlich gar nicht nötig
gewesen wäre. Der Grund lag teils in einem Entgegenkommen