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Denn dadurch verloren die Nachgeborenen ihre Reichsunmittel-
barkeit und wurden, auch soweit sie ausnahmsweise nicht Unter-
tanen ihres Familienhauptes wurden, doch seiner ausschließlichen
Familiengewalt und seiner Hausgesetzgebung unterworfen.
Diese gesetzgebende Familiengewalt des Landesherrn mußte
freilich Halt machen vor anderen Souveränen und ihren Familien-
mitgliedern nach dem alten Grundsatze: Par in parem non habet
imperium.
Das französische Recht, für die Entwicklung des deutschen
Privatfürstenrechtes von mannigfacnen Einflüssen, schwankt zwi-
schen zwei Gegensätzen.
Als Philipp V., der Enkel Ludwigs XIV., durch den Utrech-
ter Frieden von 1713 endgültig den spanischen Thron gewann,
mußte er sich und seinen Zweig von dem königlichen Stamme
von Frankreich absondern, auf ihn und seine Nachkommen sollte
künftig bei der Thronfolge in Frankreich so wenig Rücksicht ge-
nommen werden, als seien sie nie geboren®. Damit vollzog Phi-
lipp V. für sich und seine Nachkommen, die spanischen Bour-
bonen, den Austritt aus dem Hause Frankreich. Die französı-
schen und die spanischen Bourbonen waren nur noch durch na-
türliche Blutsverwandtschaft miteinander verbunden, aber jedes
rechtliche Band, namentlich das wechselseitige Thronfolgerecht,
war abgeschnitten.
Genau den entgegengesetzten Standpunkt nimmt das Familien-
statut Napoleons I. vom 30. März 1806 ein, das mit seiner schar-
fen Ausprägung der Familiengewalt des Staatsoberhauptes, ins-
besondere seinem Konsensrechte für Ehen der Familienmitglieder
in Deutschland eine geradezu bahnbrechende Bedeutung gewonnen
hat. Die Familiengewalt des Kaisers erstreckte sich danach über
alle seine Geschwister und seine und seiner Geschwister Nach-
kommen einschließlich der adoptierten, auch auf seine Schwestern
18 RANKE, Französische Geschichte Bd. 4, S. 279.