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keit der Ehegenehmigung war schon in anderem Zusammenhange
die Rede. Dieser Uebergriff in den Rechtskreis souveräner Neben-
linien wird nur dadurch gerechtfertigt, daß sie zugestimmt haben.
Der Hauptlinie bleibt es unbenommen, ihre Rechtsverhält-
nisse durch autonome Satzung — sei es landesherrliche Verord-
nung, sei es Familienvertrag — neu zu ordnen, ohne die Zustimmung
der Nebenlinie einzuholen.
Dann dürfen aber auch die Rechtsverhältnisse der souveränen
Nebenlinie nicht berührt werden.
Daß an ihrem Thronfolgerechte nichts geändert wird, ist
selbstverständlich. Es kann hier von der bestrittenen Frage, ob
Thronfolgerechte der Agnaten ohne ihre Zustimmung geändert
werden können, abgesehen werden. Selbst wenn man die Frage
bejaht, würde ein Eingriff in agnatisches Recht immer nur im
Wege der Verfassungsgesetzgebung vor sich gehen können. Ein
Hausgesetz als Rechtsquelle niederen Ranges kann in die ver-
fassungsmäßige Thronfolge nicht eingreifen.
Aber auch sonst bleibt nach dem allgemeinen Grundsatze,
daß das ältere Recht nur insoweit aufgehoben wird, als ihm das
neuere widerspricht, die Rechtsstellung der souveränen Nebenlinie
und ihrer Mitglieder durch das neue Hausgesetz, dem die Neben-
linie nicht zugestimmt hat, unberührt.
Insbesondere kann der Chef der Hauptlinie gegenüber der
Nebenlinie keinerlei Familiengewalt beanspruchen oder sich in
dem neuen Hausgesetze beilegen. Das gilt sogar von dem Ehe-
konsensrechte, obgleich dieses von der Familiengewalt verhältnis-
mäßig unabhängig ist. In Lippe würde z. B. der Fürst niemals
gegenüber den Mitgliedern des Hauses Schaumburg-Lippe die
Genehmigung zur Eheschließung beanspruchen können, da der
Fürst sich dieses Recht erst durch Deklaration vom 10. Mai 1853
beigelegt hat, als die Nebenlinie Schaumburg längst ein souveränes
Haus geworden war.
Wie die Nebenlinie ihre Rechtsverhältnisse im Wege der