Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 34 (34)

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im öffentlichen Interesse behufs Entfernung des geisteskranken 
Beamten mittels eines genau geregelten Verfahrens einzuschreiten, 
es zulassen will, daß jede Prozeßpartei durch die bloße Behaup- 
tung der Geisteskrankheit des Beamten in einem beliebigen Rechts- 
streit jene Frage als bloße Zwischenfrage zur Entscheidung bringe, 
zu dem Zweck, um sich einer Verpflichtung zu entziehen. Viel- 
mehr muß man annehmen: solange die Staatsbehörde keinen An- 
laß nahm, im Öffentlichen Interesse die Dienstunfähigkeit des Be- 
amten festzustellen und ihm die Amtstätigkeit zu untersagen, 
solange ist jener in der Lage, rechtswirksame Amtshandlungen zu 
bewirken. Der Gesetzgeber konnte eben davon ausgehen, daß 
durch die Vorschriften des Amtszuchtverfahrens genügend vorge- 
sorgt ist gegen die Möglichkeit, daß ein Beamter, der in Wahrheit 
geisteskrank ist, sein Amt versieht. Die hier bekämpfte Ansicht 
hätte die unannehmbare Folge, daß behufs Entkräftung der nota- 
riellen Urkunde oder z. B. des Erbscheins der Nachweis wirklich 
vorhandener Geisteskrankbeit des Notars oder Richters auch dann 
noch im Zivilprozeß geführt werden kann, wenn die Dienstbehörde 
zwar die Entfernung des Beamten in Aussicht genommen hatte, 
sie aber unterließ, weil sie sich von der bestehenden Dienstfähig- 
keit des Beamten überzeugte. Und schließlich würde auch die 
Sicherheit des Rechtsverkehrs, dem, wie oben erwähnt, die frei- 
willige Geriehtsbarkeit ganz besonders dienen soll, durch die Zu- 
lassung solcher Beweise gefährdet. Aus den oben erwähnten 
Vorsehriften der Amtszuchtgesetze, wonach der geisteskranke Be- 
amte zur Ruhe gesetzt werden soll, ergibt sich, daß die bloße 
Tatsache der Geisteskrankheit noch nicht den Verlust des Amts 
zur Folge hat, der Beamte also nach wie vor rechtswirksam Amts- 
handlungen vornehmen kann. 
Nicht beizustimmen ist sonach dem Urteil des OLG. Frank- 
furt a. M. vom 29. April 1907, Recht 07 S. 1270 N. 3190. Hier 
ist die Frage bejaht, also angenommen, der Umstand, daß ein 
(Richter oder) Notar bei der Beurkundung eines Vertrages geistes-
	        
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