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zu müssen. Alle solche Sonderbefehle sind übrigens nichts An-
deres als Ersuchen um die Erfüllung von Privatrechtspflichten, die
im besonderen Interesse des Ersuchenden liegen. Solche Ersuchen
können naturgemäß auch von dem wirtschaftlich schwächeren Teile
ausgehen. Diejenigen Ersuchen des Unternehmers an seinen
Lohnangestellten, welche sich auf die Erfüllung bestehender Ver-
tragspflichten dieses beziehen, sind juristisch dasselbe wie z. B.
das Ersuchen dieses Lohnangestellten um Auszahlung seines Lohnes
durch den Unternehmer. Wo aber durch Ersuchen des Unter-
nehmers die Pflichten des Angestellten erst entstehen, indem die
Pflicht des Angestellten darauf geht, das zu tun, was ihm vom
Unternehmer auf gewissen Gebieten geboten wird, handelt es sich
um etwas von jenen Ersuchen Verschiedenes. Doch gibt es auch
diesen analoge Pflichten des Unternehmers. So wird z. B. eine
Unternehmerpflicht dadurch geschaffen, daß der Handlungsgehilfe
seinen Prinzipal ersucht, ihm bei Beendigung des Dienstes ein
Zeugnis über seine Leistungen und seine Führung auszustellen,
Ebenso gibt es im Gebiete des öffentlichen Rechts Pflichten, die
erst durch das Ersuchen eines vorgesetzten Organs entstehen;
insbesondere liegen den „Exekutivbeamten“ zahlreiche solcher
Pfichten ob. Die Bezeichnung „Exekutive“ für gewisse Zweige
der Staatstätigkeit hat übrigens einen gegensätzlichen Sinn, indem
gerade diese Staatstätigkeit dem handelnden Staatsorgan in weitem
Umfange eigene Zweckmäßigkeitserwägungen zur Pflicht macht.
Andere Staatstätigkeiten sind in engstem Anschlusse an die Nor-
men zu vollziehen. Der Kaufmann erteilt seinem Angestellten
auch Befehle zu Handlungen, die dieser auch ohne diese Befehle
vorzunehmen verpflichtet wäre, er rügt die Nichtbefolgung von
Rechtspflichten, läßt die Folgen, die sich an die Befolgung oder
Nichtbefolgung der dem Angestellten ihm gegenüber obliegenden
privaten Pflichten knüpfen, eintreten. Er lohnt also und straft
in gewissem Sinne. Aber diese seine Feststellungen über die be-
stehenden Pflichten seiner Angestellten sind im Recht der moder-