Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 34 (34)

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aus Oesterreich zu uns herüberschallen. Oesterreich als das klas- 
sische Land des Nationalitätenhaders gab immer wieder Anregung 
und Beobachtungsstoff zur soziologischen Behandlung des Problems. 
Dort hatte man vor allem jene beiden Spielarten des Nationalitäts- 
begriffs vor Augen, die HARTMANN — auch ein Oesterreicher — 
in seinem Vortrage (II, 804.) mit der bekannten Antithese der 
»„Kulturnation“* und„Staatsnation“ einander gegenüber 
stellt. Auch HARTMANN geht von inneren Momenten der Begriffs- 
bestimmung aus. Ihm ist Nation „die Gesamtheit der durch ge- 
meinsames Schicksal und gemeinsamen Verkehr, dessen Vermittlerin 
die gemeinsame Sprache ist, zu einer Kulturgemeinschaft 
verbundenen Menschen“. „Kulturnation“* und „Staatsnation“* seien 
nicht gleichberechtigte, nebeneinander stehende Begriffe, sondern 
nur verschiedene Entwicklungsstufen desselben Organismus. Wenn 
ein Volk zur Sprach- und Verkehrseinheit geworden sei, verlange 
es als natürliche Ergänzung die Rechtseinheit des Staates, der 
nationale Staat erscheine als die höchste Stufe der Entwicklung. 
Diese Begriffsbestimmung, die an MEINECKESs „ Weltbürgertum und 
Nationalstaat“ erinnert, wurde von MAX WEBER nach einer Rich- 
tung hin nicht ohne Grund angegriffen (II, 72). Sie läßt die Frage 
offen, was eine „Kulturgemeinschaft“ ist, und darüber sind die 
Meinungen denn freilich stark subjektiv. WEBER deutet treffend 
auf die Punkte hin, welche ihm „kausale Komponenten“ für die 
„gefühlsmäßige Gemeinschaft“ der Nation zu sein scheinen (II, 
50 ff.): Die Gleichheit des religiösen Glaubens (vgl. die Türkei), 
die Gemeinsamkeit politischer Schicksale (vgl. die französischen 
Gefühle gewisser Elsässer deutschen Namens), die bestehende, be- 
sonders geartete staatliche Organisation (vgl. die Schweiz und 
das Aufflammen des österreichischen Vaterlandsgefühls im Welt- 
kriege), die Rasse und die Sprache. Das sind freilich „sehr 
heterogen geartete und verursachte“ Gemeinschaftsgefühle. Das 
sachlich sie Verbindende, begrifflich Gemeinsame dieser Gefühle 
findet WEBER, ähnlich wie HARTMANN darin, daß „ihr adäquater
	        
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