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Oesterreichische Publizisten wie BERNATZIK, sind uns mit der Er-
örterung dieses Problems voraus. F. SCHMID hat nun in seinem
Vortrag versucht, Umriß und Inhalt eines solchen Rechtes der
Nationalität aufzuzeigen.
Das gesellschaftliche Problem der Auseinandersetzung der
Nationalitäten innerhalb desselben Staates, so führt er aus (II,
55 ff.), kann nur auf dem Boden des Rechts gelöst werden. Die
Entstehung eines besonderen Nationalitätenrechts hat eine doppelte
Voraussetzung: Es muß das Bewußtsein der Nation
bei den Massen der betreffenden Nationsgenossen sich entwickelt
haben, und es muß ferner die betreffende Nation eine ausreichende
Macht im Staate besitzen, um sich durchzusetzen. Die
dann entstehenden Normen des Nationalitätenrechts gehören nach
der bisherigen Uebung der Juristen dem Staats- oder Verwaltungs-
recht an. SCHMID erhebt hiergegen den Vorwurf, das sei zu eng,
die Bechtswissenschaft habe dieses weite und wichtige Gebiet
bisher nicht genügend erfaßt (II, 62). Als Beispiele hierher ge-
höriger Normen zählt er auf: solche über die Verhandlungssprache
in den Parlamenten, über die Sprache der Gesetzsammlungen, die
innere und äußere Amtssprache der Gerichts- und Verwaltungs-
behörden, die Sprachverhältnisse der Verkehrsverwaltung (Eisen-
bahn, Post, Telegraph), das Schulrecht, das nationale Vereins-
und Genossenschaftswesen, den nationalen Boykott, die nationale
Autonomie. Im Hinblick auf diese vielfachen gesellschaftlichen
Beziehungen gehöre das Nationalitätenrecht, so meint SCHMID, in
ein „Recht der allgemeinen gesellschaftlichen
Verwaltung“, das die bisherige Rechtswissenschaft leider
noch nicht kenne. Dann könne das Nationalitätenrecht von einem
zusammenfassenden Grundgedanken aus— dem der Nation — gelehrt
werden, man brauche es nicht, wie bisher, nach den Objekten
der Verwaltung (Landwirtschaft, Gewerbe usw.) auseinanderzu-
reißen.
Es ist bedauerlich, daß infolge Abwesenheit der Juristen diese